In Magdeburg nichts Neues
Von der jüngsten Montagsdemo am 6.9. gibt's kaum was Neues zu berichten. Wie gehabt marschierten einige Tausend MagdeburgerInnen durch die Innenstadt und mit ihnen auch der übliche Naziblock.
Die Beteiligung insgesamt war vermutlich etwas geringer, als die Woche zuvor (da waren's laut Zeitungsberichten 6.000) - aber die Polizei-Angaben von 3.000 Beteiligten dürften deutlich untertrieben gewesen sein. Da muss man sich an dieser Stelle schon fragen, inwiefern mit solchen Zahlenangaben Politik gemacht wird. Nachdem die ersten Demonstrationen in den meisten Medien ein durchaus positives Echo hatten und die Beteiligungs-Zahlen eher übertrieben wurden, hat sich nun der Wind gedreht. Von ZDF über Bild bis zur Volksstimme werden vorrangig Zwistigkeiten unter den VeranstalterInnen breitgetreten, den Beschwichtigungsversuchen der Politiker aller etablierten Parteien hingegen wird ausreichend Platz eingeräumt.
Das Auftreten der Nazis wird standhaft ignoriert, allenfalls wird vor Störversuchen der "Extremisten von rechts und links" gewarnt.
Die VeranstalterInnen scheinen der sich insgesamt abzeichnenden Demomüdigkeit mit dem Einsatz diverser Politprominenz begegnen zu wollen. Wie schon in der Woche zuvor wurden Abgeordnete der PDS aufgeboten, diesmal sogar "Superstar" Gregor Gysi. In gewohnt populistischer Manier verstand er es, den Massen das zu erzählen, was sie hören wollten. Somit scheint trotz allgemeiner Politiker-Verdrossenheit die Gefahr längst nicht gebannt zu sein, daß es der aufgebotenen Politikerschar wieder gelingt, die Proteststimmen in Wählerstimmen umzumünzen und damit zu neutralisieren. Auch wenn z.B. Ehrholdt immer wieder betont, daß er sich nicht vereinnahmen lassen will, scheint doch das Vertrauen in die Politik immer noch vorhanden zu sein. Denn anscheinend ist er im Gegensatz zu seinen Bekundungen der Ansicht, daß irgendwann die Politiker schon reagieren würden, wenn die Proteste nur lange genug anhalten. Das dürfte aber kaum realistisch sein. Ohne weiterführende Protestformen und ohne entsprechende Organisierung der Protestierenden - sei es in Basiskomitees, Arbeitslosengruppen oder unabhängigen Gewerkschaften - werden die Proteste weitgehend reaktionslos verpuffen. Das ist insofern auch sehr wichtig, da derzeit Politiker, Kirchenvertreter usw. versuchen, die Proteste in "konstruktive" Bahnen zu lenken und damit die Protestierenden ruhig zu stellen. Profitieren tun von dieser Situation die diversen Rattenfänger, die bei künftigen Wahlen die Stimmen der Protestwähler bekommen werden.
Diese Wirkung wird noch dadurch verstärkt, daß Ehrholdt bzw. der VeranstalterInnenkreis der Montagsdemos in Magdeburg trotz wiederholter gegenteiliger Beteuerungen und Vereinabarungen scheinbar nicht gewillt ist, die montäglich als Block auflaufenden Nazis der Demo zu verweisen. Zwar hat Ehrholdt sich - nachdem er auf dem überregionalen Koordinierungstreffen der Montagsdemos in Berlin wegen seiner ignoranten Haltung gegenüber Nazis einige Kritik einstecken mußte - im Vorfeld zu Gesprächen über die Möglichkeiten des Ausschlusses von Nazis aus der Demo bereitgefunden. Allerdings beruft er sich trotz eindeutiger Vereinbarungen im Sozialforum sowie klärenden Gesprächen mit RechtsanwältInnen immer wieder darauf, daß es rechtlich angeblich keine Handhabe gäbe, die Nazis der Demo zu verweisen. Bleibt allerdings die Frage, ob nicht auch die Polizei an dieser offensichtlich im Gegensatz zum Versammlungsrecht stehenden Aussage ihren Anteil hat.
Auf der Demo wurde der Naziblock die ganze Zeit von AntifaschistInnen begleitet, die die Sprechchöre der Nazis lautstark begleiteten. Erstmals sind dieses Mal die in der Nähe laufenden "NormalbürgerInnen" nicht in die Rufe der Nazis eingestimmt. Allerdings gab es einige Übergriffe der Nazis auf AntifaschistInnen, die die Polizei standhaft ignorierte. Ein Mensch, der sich dagegen zur Wehr setzte, wurde von der Polizei - völlig überzogen - mit Pfefferspray ausser Gefecht gesetzt.
Zur Abschlußkundgebung gelangten die Nazis dann im Laufschritt - während die Polizei damit beschäftigt war, die AntifaschistInnen fernzuhalten. Auf dem Kundgebungsplatz konnten die diesmal mit 12-13jährigen Kindern verstärkten Faschisten dann unter massivem Polizeischutz ihre Parolen brüllen. Die meisten der anwesenden BürgerInnen ließ das relativ kalt. AntifaschistInnen, die zum Teil lautstark auf die Anwesenheit der Nazis hinwiesen, wurden teilweise als die eigentlichen Störer angesehen.