Sachverständigenrat gegen Gesetz zur Tarifeinheit
Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung fordert in seinem Herbstgutachten 2010/2011 die im Grundgesetz verankerte Tarifpluralität vorbehaltlos zu akzeptieren.
In dem Herbstgutachten 2010/2011 mit dem Titel Chancen für einen stabilen Aufschwung fordern der Rat:
Das Bundesarbeitsgericht hat das bislang von ihm vertretene Prinzip der Tarifeinheit aufgegeben. Bevor der Gesetzgeber eingreift, sollte die weitere Entwicklung der Tarifpluralität sorgfältig beobachtet werden, zumal grundgesetzliche Hürden für eine Tarifeinheit bestehen.
Im Siebten Kapitel (PDF) haben sie dem Thema den eigenen Abschnitt Das Ende der Tarifeinheit: Kein gesetzgeberischer Aktionismus gewidmet.
Sie argumentieren für Tarifpluralität mit dem Verweis auf Artikel 9 Absatz 3 des Grundgesetzes (Vereinigungsfreiheit) und schließen daraus, dass an einer Tarifpluralität kein Weg vorbei führt.
Problematisch an ihren Vorschlägen ist allerdings der Vorschlag das Streikrecht auf anderen Ebene zu beschneiden (Verbot von Warn- und Sympathiestreiks).
Dennoch lehnen Sie die DGB/BDA-Initiative entschieden ab:
Der Sachverständigenrat rät nicht dazu, den Vorschlag von BDA und DGB an den Gesetzgeber jetzt aufzugreifen und das Prinzip der Tarifeinheit gesetzlich festzuschreiben. Das BAG hat unmissverständlich darauf hingewiesen, dass eine solche gesetzliche Regelung mit Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz kollidieren würde.
Aber selbst wenn der Vorschlag von BDA und DGB, denjenigen Tarifvertrag zur Geltung kommen zu lassen, dessen Gewerkschaft die meisten Mitglieder repräsentiert, verfassungskonform umzusetzen wäre, bleibt eine Fülle von Rechtsfragen ungeklärt.
Wer stellt zu welchem Zeitpunkt und für welche Organisationseinheit (Unternehmen, Betrieb) die Repräsentativität fest, unter Berücksichtigung der Möglichkeit eines organisatorischen Gestaltungsspielraums der Unternehmen hinsichtlich eines passenden Zuschnitts der Betriebseinheiten, um betriebsdeckende Mehrheitstarifverträge abzuschließen?
Welche Regelungen greifen, wenn die überwiegende Anzahl der Beschäftigten keiner Gewerkschaft angehört?...