Am 11. Juni 2021 beteiligte sich die FAU im Rahmen einer internationalen Friedensdelegation an einer Audienz beim religiösen Oberhaupt der Êzîd*innen und besuchte das êzîdische Flüchtlingslager Sheikhan. Die FAU-Delegierten fordern einen konsequenten Schutz der êzîdischen Selbstverwaltung und Selbstverteidigung, ebenso Reiserechte für nach Deutschland geflohene Êzîd*innen.
Am Freitag besuchten Delegierte den Bābā Schaich (in Kurmandschi "Bavê Şêx") Ali Elias, das religiöse Oberhaupt der Êzîd*innen. Schaich Elias berichtete von der Verfolgung der Êzîd*innen, ihrer aktuellen Situation in den Flüchtlingslagern und der Wichtigkeit internationaler und interkultureller Solidarität. Er betonte, dass die Gemeinschaft und die Kultur der Êzîd*innen durch die Verfolgung unter Saddam Hussein und durch den Völkermord durch den Daesh (auch bekannt als IS) nahezu ausgelöscht wurde. Daher sei es insbesondere wichtig, dass nach Deutschland geflohene Êzîd*innen religiöse Stätten im Irak besuchen dürften, ohne von der Bundesrepublik Deutschland den Fluchstatus aberkannt zu bekommen.
Im Anschluss besuchte die Delegation auf Einladung des Schaichs Laliş (deutsch Lalisch) das Zentralheiligtum der Êzîd*innen. Abschließend fuhren die ca. 60 Delegierten zum Flüchtlingslager Sheikhan. Dort leben seit dem Überfall des Daesh 2014¹ ca. 12.000 Êzîd*innen in Zelten. Die Delegation sprach mit den Bewohner*innen. Viele berichteten, dass Hilfsgelder bei ihnen nicht ankommen und ihre Dörfer nicht aufgebaut werden. Ebenfalls wurde berichtet, dass Kriegsgefangene des Daesh in einem Nebenlager untergebracht werden.
Gleichzeitig sind die irakische Zentralregierung und die kurdische Regionalregierung bestrebt, die Selbstverwaltungs- und Selbstverteidigungs-Strukturen im êzîdischen Siedlungsgebiet zu zerstören². Vor diesem Hintergrund und der weiterhin bestehenden Präsenz des Daesh, haben, laut Bābā Schaich und den Befragten im Lager, nur wenige Êzîd*innen die Hoffnung, in Zukunft sicher in ihrer Heimat zu leben.
Wolf Meyer vom Internationalen Komitee der FAU: "Selbstverteidigungsstrukturen religiös-ethnischer Gruppen sind im Irak üblich. Wenn gerade die der Êzîd*innen zerschlagen werden sollen, obwohl sie am stärksten von weiteren Völkermorden bedroht sind, ist das Ausdruck des fortgesetzen Chauvinismus und Rassismus, der ihnen entgegen gebracht wird. Gleichzeitig sehen wir in dem Versuch der Zerschlagung der kommunalistischen Selbstverwaltung einen politischen Angriff auf alle basisdemokratischen und solidarwirtschaftlichen Konzepte insgesamt."
Êzîd*innen beobachten den Besuch bei Schaich Laliş
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Flüchtlingslager Sheikhan