Griechenland - Zwangsrekrutierung von LehrerInnen
Die Griechische Förderation der LehrerInnen im staatlichen Sekundarbildungsbereich (OLME) hatte einen 24-stündigen Streik am 17. Mai und einen 5-tägigen Streik vom 20. bis 24. Mai, der ersten Woche der landesweiten Universitätseingangsprüfungen, die an öffentlichen Gymnasien stattfinden, vorgeschlagen. Die griechische Regierung reagierte darauf, indem sie erneut die Zwangsrekrutierung anordnete. Nach dem Streik der Metrobediensteten und dem Streik der Seeleute erklärt sie damit bereits den dritten Arbeitskampf in diesem Jahr für illegal, diesmal sogar bevor er überhaupt begonnen hatte. Die landesweiten Regionalsektionen der LehrerInnengewerkschaft (ELME) haben daraufhin in massenhaften Vollversammlungen mit über 95 % Zustimmung beschlossen, trotzdem in den Ausstand zu treten.
Daraufhin tagte erneut die Gewerkschaftsführung der OLME und verabschiedete die Verschiebung des Streiks, "da die politischen Vorraussetzungen für den Streik nicht gegeben" seien. Dieser Beschluss der Gewerkschaftsbürokraten wurde spektrenübergreifend von GewerkschafterInnen von PASOK, Nea Dimokratia, Syriza unterstützt. KKE-GewerkschafterInnen stimmten für einen anderen Streiktermin. Nur der Bewegungsflügel der LehrerInnen stimmte dafür den Streik durchzuziehen.
Wir dokumentieren die Übersetzung eines offenen Briefes eines Schülers:
An meine LehrerInnen
und die Anderen:
Mein Name ist K. M., ich bin ein Schüler der ersten Klasse eines Gymnasiums am 10. Lyzeum in Drapetsóna, Piräus.
Ich habe mich entschlossen diesen Text zu schreiben, weil ich meine Wut, meine Empörung ausdrücken will über die Heuchelei derer, die uns regieren und all jener JournalistInnen und Mainstreammedien, die ihnen helfen, ihre gesetzlosen und unmoralischen Pläne auf Kosten der SchülerInnen, StudentInnen und der jüngeren Generation einzuführen.
Mein Grund zu schreiben ist die Absicht meiner LehrerInnen in der Zeit der Universitätseingangsprüfungen in den Streik zu treten und die PolitikerInnen und JournalistInnen, die Krokodilstränen über meine Zukunft vergießen, die wegen des Streiks "auf dem Spiel" stehe.
Worüber redet ihr? Welche Art von Zukunft habe ich? Und wer ist es, der meine Zukunft aufs Spiel setzt?
(...)
- Wer hat dieses Land schlecht regiert und ausgenommen?
- Wer zwang meine Mutter von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang zu arbeiten, das alles für 530 Euro im Monat? Geld, das nachdem Essen und Rechnungen bezahlt sind nicht einmal genug ist, um ein neues Paar Schuhe, geschweige denn ein Buch, das ich auf einem Flohmarkt sah, zu kaufen.
- Wer halbierte das Gehalt meines Vaters?
- Wer verleumdete ihn, drohte ihm und seinen KollegInnen der öffentlichen Verkehrsmittel mit Kündigung, als sie, die einfach nur in Würde leben wollen, in den Streik traten und zwang ihn per Dienstverpflichtung zurück an die Arbeit?
- Wer möchte die Universität, auf der mein Bruder studiert um einige seiner Träume zu erreichen, schließen?
- Wer gab mir Fotokopien an Stelle von Schulbüchern?
- Wer lässt mich in meinem Klassenraum ohne Heizung frieren?
- Wer trägt die Schuld daran, dass SchülerInnen vor Hunger umkippen?
- Wer machte so viele Leute arbeitslos?
- Wer trieb 4.000 Menschen in den Selbstmord?
- Wer lässt unsere Großeltern ohne medizinische Versorgung und Medikamente zurück?
Haben das alles meine LehrerInnen getan? Oder wart IHR es?
Ihr sagt, dass meine LehrerInnen meine Träume durch ihren Streik zerstören werden.
Wer hat euch erzählt, dass es mein Traum ist, eine weitere arbeitslose Person unter den 67 % arbeitsloser Jugendlicher zu sein?
Wer erzählte euch, dass es mein Traum ist, ohne Sozialversicherung zu arbeiten und ohne reguläre Arbeitszeit für 350 Euro im Monat, wie ihr in der letzten Gesetzesänderung eurer Arbeitsgesetze beschlossen habt?
Wer erzählte euch, dass es mein Traum ist, ein Wirtschaftsmigrant zu werden?
Wer erzählte euch, dass es mein Traum ist, ein Botenjunge zu werden?
Ich möchte ein paar Worte an meine LehrerInnen richten, an LehrerInnen überall in Griechenland:
Meine LehrerInnen, ihr habt eine Verpflichtung gegenüber allen SchülerInnen nicht einen einzigen Schritt zurück zu weichen. Wenn ihr euch jetzt aus eurem gerechtfertigten Kampf zurückzieht, dann setzt ihr meine Zukunft wirklich aufs Spiel. Ihr werdet sie verpfänden.
Welchen Rückzug ihr auch antreten mögt, welchen Sieg die Regierung auch erringen mag, es wird mich meines Lächelns, meiner Träume, meiner Hoffnung für ein besseres Leben, für eine humane Gesellschaft zu kämpfen, berauben.
Meinen Eltern, meinen MitschülerInnen und der gesamten Gesellschaft habe ich folgendes zu sagen:
Wollt ihr wirklich, dass die, die uns unterrichten in Elend leben?
Wollt ihr, dass wir uns wie Massenware in den Klassenräumen stapeln?
Wollt ihr, dass sie Schulen schließen und mehr Gefängnisse bauen?
Werdet ihr unsere LehrerInnen in diesem Kampf alleine lassen? Ist das die Art wie ihr uns beibringt, unsere Solidarität herauszuschreien?
Wollt ihr, dass es den LehrerInnen möglich ist ein Zeichen des Selbstrespekts, der Würde und der Militanz für uns zu setzen? Oder zieht ihr es vor, dass sie ein gutes Beispiel für Versklavung geben?
Schlussendlich, wollt ihr, dass wir wie Sklaven leben?
Vom morgigen Tag an sollten alle Schulen von SchülerInnen und Eltern besetzt werden, um die LehrerInnen zu unterstützen und mit einem Sprechchor, einer Parole: "Vorwärts, zerschlagt die faschistische Tyrannei!"
Kämpft zusammen für öffentliche, freie, Qualitätsbildung. Kämpft gemeinsam, um die zu stürzen, die unser Lachen und das Lachen eurer Kinder stehlen.
(...)
Bearbeitete Übersetzung von contrainfo