Kollektiv ist besser!
Anfang 2013 ist es soweit. Am 26. Januar erfolgt die offizielle Gründung der Sektion Medien innerhalb der FAU Berlin. Schon jetzt haben sich mehrere KollegInnen aus der Medienbranche zu einer Initiative zusammengeschlossen. Sie bereiten derzeit die Sektionsgründung vor und freuen sich über weitere MitstreiterInnen. Interessierten, die sich in die Vorbereitungen mit einbringen wollen, steht die Initiative schon jetzt offen. Alle anderen MedienarbeiterInnen können spätestens auf der Gründungsveranstaltung als Mitglied beitreten. Worum es der Sektion geht und was sie vorhat, erfahrt ihr im Folgenden.
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Gründungsveranstaltung am 26. Januar 2013 | 16.00 Uhr
Die Sektion stellt sich vor und auf.
Tretet bei, bringt euch ein, werdet aktiv.
Anschließend Musik, Buffet und Sekt.
Im FAU-Lokal | Lottumstr. 11 | 10119 Berlin
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Mediales Tagelöhnertum
Die Verlags- und Medienbranche ist im Umbruch. Die Auflagen sinken fast ebenso schnell wie die Löhne, Buchumlaufzeiten werden immer kürzer. Redaktionen werden immer kleiner, Verlage bauen Personal ab, Festanstellungen werden zur Rarität. Darunter leidet nicht nur die Qualität, sondern in erster Linie die Beschäftigten. Wir haben immer weniger Planungssicherheit, kaum soziale Absicherung und eine schlechte Verhandlungsposition gegenüber den AuftraggeberInnen. Im Zuge der Digitalisierung geraten immer mehr Medienbetriebe unter Druck. Der ohnehin hohe Anteil von FreiberuflerInnen nimmt weiter zu, und das zersetzt kollektive Bindungen und Standards: Immer mehr MedienarbeiterInnen müssen sich als isolierte Tagelöhner durchwurschteln.
Wir haben da eine Idee
Für Gewerkschaften ist Freiberuflichkeit eine besondere Herausforderung. Durch die Vereinzelung an den virtuellen Arbeitsplätzen werden kollektive Prozesse erschwert. Wir brauchen einen gewerkschaftlichen Ansatz, der Freelancer und Festangestellte zusammenbringt, ob im Verlagswesen, im Rundfunkbereich oder bei den Neuen Medien. Wir müssen Methoden entwickeln, mit denen rechtlose MedienarbeiterInnen geschützt und die Position von uns allen gestärkt werden. Unsere Arbeitsbedingungen und Löhne verbessern können wir nur mit einem berufsübergreifenden Syndikat der Medienbranche, in dem sich JournalistInnen, FotografInnen, ÜbersetzerInnen, AutorInnen, IllustratorInnen, TechnikerInnen, Büro- oder Reinigungskräfte, Vertriebspersonal usw. gemeinsam organisieren.
Was heißt das konkret?
Die Sektion soll Hilfe und Schutz bei individuellen und kollektiven Arbeitskonflikten bieten, ob ausstehende Honorare oder betriebliche Probleme. Sie soll auch ein Raum sein, in dem sich MedienarbeiterInnen über ihre spezielle Situation austauschen können. Gerade der Medienbereich stellt Gewerkschaften vor besondere Probleme: der allgemeine Umbruch durch die Digitalisierung, die hohe Quote an Freelancern ohne (festen) Arbeitsvertrag, die virtuelle Organisation der Arbeit, bei der viele keinen gemeinsamen Arbeitsplatz haben, etc.. Im Vordergrund unserer zukünftigen Arbeit soll daher die Entwicklung neuer gewerkschaftlicher Handlungsansätze stehen.
Virtuelle Ansätze
Neben der Betriebsarbeit, dem Aufbau von Betriebsgruppen und betrieblichen Konflikten wollen wir der besonderen Situation von Freelancern Rechnung tragen. Die virtuelle Arbeitsorganisation erfordert einen Ansatz, der sich nicht auf betriebliche Zugehörigkeiten beschränkt. Dazu gehört die konkrete Unterstützung vereinzelter MedienarbeiterInnen (z.B. bei Verhandlungen, Honorarforderungen, Urheberrechtskonflikten) ebenso wie die Dokumentation und Wahrung von Honorarstandards bei Auftraggebern. Nicht zuletzt wollen wir Freelancer (ortsunabhängig) mit Festangestellten (vor Ort) zusammenbringen und gemeinsame Forderungen entwickeln.
Mit offenen Augen
Die Vereinzelung von MedienarbeiterInnen ist auch ein Ausdruck mangelnden Bewusstseins über die eigene Lohnabhängigkeit. Für viele ist Freiberuflichkeit ein Symbol der Unabhängigkeit und eine Eintrittskarte, um in der begehrten Medienbranche zu arbeiten. Doch gerade FreiberuflerInnen sind oftmals besonders abhängig, denn sie sind gegeneinander ausspielbar und erpressbar. Zugleich mangelt es ihnen, die nicht sozialversichert sind, häufig an sozialer Absicherung. Hier wollen wir Aufklärung leisten und die Betroffenen über ihre Rechte und die Vorteile kollektiven Handelns informieren. Auch streben wir die Bildung von Netzwerken für rechtliche Beratungen an.
Stellung beziehen
Nicht nur weil sich die Medienbranche im Umbruch befindet, auch weil sie eine wichtige, meinungsbildende Funktion in der Gesellschaft einnimmt, wollen wir uns politisch einmischen. So möchten wir etwa Positionen zum Urheberrecht formulieren, das uns als Freischaffende betrifft, und Perspektiven für eine arbeitsrechtliche Absicherung von FreiberuflerInnen und Scheinselbständigen entwickeln. Dabei gilt es vor allem, die Auftraggeber in die Verantwortung zu nehmen. Außerdem fragen wir uns, wie wir als Gewerkschaft kritische Medienarbeit fördern können. Unter Umständen ist auch ein Zusammenarbeit mit linken, selbstverwalteten Medienbetrieben möglich.
Wie es läuft
Die Sektion ist eine Untergliederung des Allgemeinen Syndikats der FAU Berlin. Daher gelten auch die basisdemokratischen Regeln der FAU Berlin. Als Sektion genießen wir Handlungsautonomie: Uns betreffende Entscheidungen werden also ausschließlich von den Sektionsversammlungen getroffen. Auch unsere Betriebsgruppen sind autonom in ihren Belangen. Arbeitsgruppen und ReferentInnen, über die wir Positionen erarbeiten und in die Öffentlichkeit tragen, werden dagegen gewählt und sind rechenschaftspflichtig. Mittelfristig streben wir, zusammen mit den KulturarbeiterInnen der FAU Berlin, die Bildung eines autonomen Kultur- und Mediensyndikats an.
Habt Ihr Syndikat gesagt?
Mit Syndikat meinen wir einen anderen Typ von Gewerkschaft als hierzulande bekannt: basisdemokratisch, kämpferisch, solidarisch. Die Mitglieder, nicht ein Funktionärsapparat, sollen über die Forderungen, Vorgehensweisen und Ziele entscheiden. Das Syndikat soll ein Raum sein, in dem Menschen sich selbst befähigen und verbindlich Solidarität miteinander üben. Wir wollen das Streben nach konkreten Verbesserungen im Betrieb mit einer antikapitalistischen und selbstorganisierten Umgestaltung der Gesellschaft verbinden. Als Teil der FAU Berlin bilden wir daher mit anderen Sektionen eine Organisation, um die gesellschaftliche Veränderung durch parallele Kämpfe von unten durchzusetzen.
Wer kann sich angesprochen fühlen?
Die Sektion wendet sich an alle Beschäftigten und Freelancer im Medienbereich. Dazu zählen wir das Presse- und Verlagswesen einschließlich seiner Vertriebsstrukturen, den Rundfunk, Webpublikationen und Social Media sowie den Werbe- und PR-Bereich. Wenn Du in oder für diese Branche arbeitest, bist du bei uns richtig. Sei es als JournalistIn, RedakteurIn, AutorIn, ÜbersetzerIn, LektorIn, LayouterIn, FotografIn oder IllustratorIn. Sei es als AdministratorIn, TechnikerIn, Büro- oder Reinigungskraft, VertriebsassistentIn, VertreterIn, ZeitschriftenverkäuferIn, BuchhändlerIn, WerbetexterIn oder BloggerIn. Auch als derzeit erwerblose/r MedienarbeiterIn bist Du bei uns willkommen.
Kontakt zur Initiative: faub-medien@fau.org
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