Die Debatte um eine Frauenquote in der Wirtschaft - Ein taktisch geschicktes Ablenkungsmanöver!
"Unsere deutschen Konzerne" werden fast ausschließlich von Männern regiert. Das ist schlimm, denn wir sind ja alle für Gleichberechtigung. Meint auch Ursula von der Leyen und will daher mit der normativen Kraft einer EU-Richtlinie im Rücken jetzt per Gesetz dafür sorgen, dass endlich mehr Frauen in die Konzernvorstände und Aufsichtsräte einrücken.
Dafür soll eine Frauenquote von 30% sorgen. Nein, antifeministisch korrekt: eine allgemeine Geschlechterquote von mindestens 30% Männern wie auch Frauen. Nicht dass etwa Frauen einfach einen DAX-Konzern kapern können! Familien- und Sonstallerlei-Ministerin Kristina Schröder will das jedoch differenzierter sehen. Schließlich könne man nicht jedem Konzern pauschal einen bestimmten Frauenanteil in der Chefetage zumuten. Also will sie ein Gesetz, dass die Konzerne verbindlich verpflichtet, von ihnen selbst bestimmte flexible Quoten einzuhalten, oder so ähnlich. Mutig.
Arbeitgebervertreter wie auch mancher FDP- und CDU-Mann lehnen das Ansinnen ihrer Klassensprecherinnen vehement ab. Deutsche Konzerne sollen ihr Führungspersonal strikt nach Leistung auswählen dürfen. Wenn das Gesetz kommt, hätten qualifizierte Männer das Nachsehen, wenn gerade Frauen fehlen. Ganz anders und wahrhaft radikal die Grünen: Sie waren schon immer, so ließ Renate Künast verlauten, für eine Frauenquote von 40%. Um das der Wirtschaft schmackhaft zu machen, wird ein Argument nachgeschoben, das vom gleichen schnöden Ökonomismus getragen ist wie das Argument der Quotengegner: Gemischte Teams sind kreativer und entscheiden daher besser.
Und wir als GewerkschafterInnen? Sollten wir nicht auch für Gleichberechtigung sein? Selbstredend. Bei Betriebsratswahlen gibt es übrigens schon lange Regeln, nach denen KandidatInnen, die dem jeweils im Verhältnis zur Belegschaft "unterrepräsentierten" Geschlecht angehören, in den Betriebsrat aufrücken, obwohl andere mehr Stimmen bekommen haben. Warum sollte das nicht auch für die Gremien der Bosse gelten?
Vielleicht solidarisieren sich die Frauen im Aufsichtsrat ja sogar mit ihren Geschlechtsgenossinnen und setzen endlich gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit um? Oder schaffen bessere Kinderbetreuungsmöglichkeiten? Wäre eine tolle Sache. Aber: Zuallererst sollen Vorstände und Aufsichtsräte für Rendite sorgen. Die Konzerne müssen an den Börsen mithalten, sonst gehen sie baden. Also muss vor allem die Ausbeutungsquote stimmen. Man sollte daher eher davon ausgehen, dass die Frauen, die in die Chefetagen aufrücken, Ausbeutung genauso konsequent organisieren (müssen) und keineswegs "sozialer" entscheiden als ihre männlichen Kollegen.
Diese schlichte Tatsache, dass nämlich in Konzernen eben Ausbeutung stattfinden muss, egal wie die Gremien zusammengesetzt sind, hat in dieser Debatte jedoch genauso wenig Platz wie jene Realität, dass die Benachteiligung von Frauen "weiter unten" in der Arbeitswelt trotz aller formalen Gleichstellung nach wie vor eklatant ist. Gerade jetzt, da das Ansehen des Kapitalismus wie auch der Regierung nicht das beste ist, erscheint eine solche (Pseudo-)Gleichstellungsdebatte als geschickt platzierte Nebelkerze, denn über die ganz normale Ausbeutung und die ganz gewöhnliche Diskriminierung von (nicht nur) Frauen mögen die Beteiligten dann doch lieber nicht diskutieren.