Hannover: CDU-Bürgerbüro in Hannover besetzt
Vor der Landesasten-Demo gegen Studiengebühren wurde heute das CDU-Bürgerbüro in der Hannoveraner Innenstadt von Studierenden und Lernenden, sowie den Bildungssyndikaten (FAU) Hannover und Osnabrück besetzt. Etwa 30 Menschen gelang es das Gebäude für ca. eine 3/4 Stunde in ein Cafè gegen Sozialabbau und Studiengebühren umzuwandeln. Leider war aufgrund der Demonstration Team Grün sehr schnell mit mehreren Sixpacks zugegen und auch die CDU-Landtagsabgeordnete Frau Jakob zeigte sich nur wenig gesprächsbereit, drängte uns zum Verlassen des Gebäudes und bot uns sozusagen alternativ einen 'Gesprächstermin' für nächste Woche an. Ein Verfahren wegen Hausfriedensbruch wollen wir für eine symbolische Aktion nicht riskieren und schlossen uns lautstark dem Demonstrationszug an.
Es folgt unsere Pressemitteilung ...
Zum jetzigen Zeitpunkt ist das CDU-Bürgerbüro in der Knochenhauerstraße am Steintor von uns besetzt. Wir wollen damit unseren Unmut über die kontinuierliche Verschlechterung unserer Lebensbedingungen zum Ausdruck bringen, die sich z.B. in der Einführung von Studiengebühren, aber auch in den Hartz-Gesetzen, der Streichung des Blindengeldes und ähnlichen Beschlüssen und Gesetzen äußert. Es gab niemals eine gerechte Parteienpolitik und auch diese Landesregierung stellt keine Neuerung oder Verbesserung dar.
Sie wollen uns nicht nur regieren - sich berufend auf die etablierte Idee der repräsentativen Demokratie. Sie halten es auch für nötig uns zu belügen und damit gegen das Grundprinzip ihrer (Selbst-)Legitimation zu verstoßen. Was berechtigt sie dann, unser Leben zu organisieren und bei Protest und darüber hinausgehendem Widerstand eine Justiz gegen uns zu stellen?
Preisfrage: Was würde sie dazu legitimieren, dies zu tun, wenn sie nicht lügen würden?
Von den 48,3% der im Februar 2002 zur Wahl gegangenen Menschen in Niedersachsen, die der CDU auf den Regierungssessel hinauf geholfen haben, hat niemand ein Interesse an der Einführung von Studiengebühren quasi mit angekreuzt, da sich Herr Wulff stets um ein studiengebührenfeindliches Profil bemühte: "Das Erststudium bleibt in Niedersachsen studiengebührenfrei" (Regierungserklärung von Ministerpräsident Christian Wulff am 4. März 2003). Und außerdem konnten wir uns noch weitere, leere Versprechungen anhören, wie "es kommt darauf an, was die Leute ankündigen und was sie tun. Denn Politiker, die Reden halten, kennen die Menschen zur Genüge. Aber Politiker, die nach der Wahl das tun, was sie vorher angekündigt haben, kennen die
Leute kaum. Deswegen machen wir das" (Ministerpräsident Christian Wulff, 47. Plenardebatte am 18. November 2004, Stenografischer Bericht, S.5204).
Doch unsere Verwunderung darüber, dass auch diese Regierung sich bewusst über "egoistische" Interessen hinwegsetzt, um unsere "wahren" (wirtschaftlichen) Interessen durchzusetzen, hält sich in Grenzen, da die durch die Regierung ergriffenen Sparmaßnahmen trocken gesehen eine Konsequenz der Standortkonkurrenz sind. Wir können uns wider erwarten auch nicht mit der Position anfreunden, der bedingende Wettbewerb müsse unbedingt mit mehr Investitionen in Bildung gewonnen werden. Denn unsere Interessen fallen schlichtweg nicht mit den durch wirtschaftliche Zwänge diktierten Rahmenbedingungen zusammen. Es ist das
primäre Ausbildungsziel im Kapitalismus, mit möglichst wenig (zeitlichem und finanziellem) Aufwand für die jeweilige Wirtschaftsstruktur verwertbare LohnarbeiterInnen auszubilden.
Im Kapitalismus muss Bildung eben immer indirekt und manchmal direkt zu Profit führen. Es gibt viele Möglichkeiten, wie ein Bildungssystem aussehen könnte - der Zwang zum indirekt resultierenden Profit ist aber immer bestimmend für die generelle Umsetzungsmöglichkeit eines Modells,
was wiederum die scheinbare Gestaltungsvielfalt zunichte macht. Und so stehen auch im Bildungsbereich individuelle Bedürfnisse Profitinteressen gegenüber, die sich dann gegen letztere behaupten müssen.
Die Einführung von Studiengebühren bedeutet den letztendlichen Garaus für das humboldtsche Bildungsideal. So stellen wir die Antithese auf:
Uneingeschränkte Bildung und andere Bedürfnisse sind ein Selbstzweck, die die Verhältnisse ausmachen sollten.
Dies wäre der Schritt von der Profitökonomie zur Bedürfnisökonomie. Eine elementare Voraussetzung für die Umsetzung und Sicherung einer solchen Ökonomie, ist eine Gesellschaft in der sich die Individuen frei gegenüberstehen und sich zusammenschließen können ohne ihre Beziehungen zueinander oder ihre Tätigkeiten füreinander vom Markt regulieren zu lassen.
So rufen wir unsere Mitmenschen zu massenhaften zivilen Ungehorsam gegen das uns beherrschende System auf. Alles weitere nach Belieben bitte mit dem Bleistift einfügen!
Das Bildungssyndikat Hannover, sowie weitere Studierende, Lernende und Erwerbstätige