Arbeitsgericht Berlin greift Gewerkschaftsfreiheit an

Am 7.10. gab das Arbeitsgericht Berlin dem Antrag auf Einstweilige Verfügung gegen den Boykottaufruf der FAU für das Kino Babylon Mitte statt. Grund für dieses Urteil war laut Angaben der Richterin die angeblich fehlende Tariffähigkeit der Basisgewerkschaft Freie ArbeiterInnen-Union (FAU): die Gewerkschaft sei zu klein. Damit war ausdrücklich nicht der Organisierungsgrad im Kino selbst gemeint, wo über ein Drittel der Belegschaft einen FAU-Ausweis besitzt, sondern die betriebsübergreifende Mitgliederzahl.

"Wie soll eine Gewerkschaft tarifmächtig werden, wenn ihr von Anfang an die Arbeitskampfmittel für einen Tarifvertrag verboten werden?", fragt sich Lars Röhm, Sekretär der FAU Berlin. "Das ist absurd. Die Feststellung der Tariffähigkeit dient eigentlich dazu, dass den Arbeitgebern kampffähige Gewerkschaften gegenüberstehen und Lohnstandards nicht von Phantomgewerkschaften untergraben werden. Hier wird dieses Prinzip auf den Kopf gestellt, wurde ein Arbeitskampf doch von außen durch ver.di unterlaufen."

Die FAU-Betriebsgruppe im Babylon Mitte hält den bisherigen Arbeitskampf dennoch für einen Erfolg, denn es gilt als sicher, dass die Geschäftsführung einen Tarifvertrag unterzeichnet. Sie wird darüber mit der Gewerkschaft ver.di verhandeln, die zwar im Betrieb kaum verankert ist, aber gemeinhin als tariffähig gilt. Ver.di wurde der Babylon-Geschäftsführung als Verhandlungspartner von der Linkspartei vermittelt, nachdem der Druck auf das Babylon und die Politik zu stark angewachsen war. "Dass es zu dieser Vertragsunterzeichnung kommen wird, ist einzig und allein der FAU zu verdanken, die seit Monaten mit uns gemeinsam kämpft. Wir finden es skandalös, dass uns die Freiheit genommen wird, über welche Gewerkschaft wir Kollektivverträge für uns erwirken", empört sich Andreas Heinze, Filmvorführer im Babylon und Betriebsrat.

Die FAU-Betriebsgruppe kündigte indessen an, die Verhandlungen genau zu beobachten und möglichst viel Einfluss auf ver.di geltend zu machen, deren Intervention sie äußerst kritisch beurteilt. Die FAU Berlin selbst prüft derzeit die Möglichkeiten einer Revision des Urteils, um das Grundrecht auf Gewerkschaftsfreiheit zu verteidigen. "Dieses Urteil verstößt gegen die verfassungsmäßige Koalitionsfreiheit und internationale Standards. In anderen Ländern sind kämpferische Basisgewerkschaften selbstverständlich, hier muss ihre Anerkennung noch mühsam erkämpft werden", so Röhm. In Frage stellen wird die FAU dabei auch, dass eine hohe ver.di-Funktionärin als Schöffenrichterin in einem Prozess fungierte, der einen Arbeitskampf mit ver.di-Verwicklung und die Tariffähigkeit einer anderen Gewerkschaft zum Gegenstand hatte.

Weitere Informationen:

Blog der Beschäftigten des Kino Babylon: http://prekba.blogsport.de
Weitere Artikel zum Arbeitskampf: http://www.fau.org/soli/babylon/