Betriebsratsvorsitzender im Betrieb überfallen
Es hört sich an, wie aus einem Krimi, fand aber am 19.1.2009 in der Doppstadt Calbe GmbH in Calbe (Sachsen-Anhalt) statt: Ein Betriebsratsmitglied, dass im Betrieb für seine kämpferische Haltung gegenüber der Werksleitung bekannt ist, kommt von der Toilette. In einem dunklen Flur wird ihm ein Plastiksack über den Kopf geworfen. Nach Schlägen in den Magen wird er zu Boden gerissen. Mit einem harten Gegenstand wird auf seinen Kopf geschlagen. Er kann sich mit Tritten und Reizgas wehren. Mit Prellungen, Kopfschmerzen, Kreislaufproblemen und Schock wird er ins Kreiskrankenhaus Schönebeck eingeliefert.
Schon seit längerem ist der Betriebsrat des mittelständischen Unternehmens der Geschäftsleitung ein Dorn im Auge. Schließlich tut der Betriebsrat nicht das, wozu er laut Gesetz da ist - den Arbeitsfrieden zu sichern - sondern das, wozu er von ArbeitnehmerInnen gewählt wurde - ihre Interessen vertreten. Der nicht von der Hand zu weisende Grund für den Übergriff scheint in der ablehnenden Haltung gegenüber der Einführung von Kurzarbeit zu liegen.
Seit Jahren gibt es eine Kampagne gegen den Betriebsrat und aktive Gewerkschafter. 2008 gab es neun fristlose Kündigungen und den Einsatz von als Praktikanten getarnten Detektiven. Angeblich sollten Diebstähle aufgeklärt werden. Provokateure, die nach Beweismitteln suchen und diese "zufällig" in Spinden von unliebsamen ArbeitnehmerInnen finden, wäre wohl die angemessenere Bezeichnung für derartige Vorgehensweisen.
Rückschrittliche KollegInnen wurden in einer Initiative "Pro Doppstadt" organisiert. Diese hatte zuletzt versucht mit juristischen Mitteln den Betriebsrat aufzulösen und Neuwahlen durchzuführen. Dazu berichtet die Tageszeitung "Volksstimme" (Magdeburg): "Bei der Doppstadt Calbe GmbH wird es vorerst keine Neuwahl des Betriebsrats geben. Das Arbeitsgericht Magdeburg lehnte gestern einen Antrag der " Initiative Pro Doppstadt " ab, in dem die Amtsenthebung des Betriebsrats gefordert wird."
Angriffe auf Betriebsräte sind leider keine Seltenheit. Bisher beschränkten sich die Angriffe auf Betriebsratsmitglieder in Deutschland allerdings auf juristische und verbale Attacken, Schmutzkampagnen und der Einsatz von Spitzeln und Provokateuren. Der körperliche Angriff auf einen kämpferischen Vertreter der ArbeitnehmerInnen ist dagegen eine neue Stufe der Eskalation.
Dies können, wollen und dürfen wir nicht hinnehmen! Informiert über diese Vorgänge!
Wer dem verletzten Betriebsratsvorsitzenden der Doppstadt Calbe GmbH, Andreas Kirchhoff, seine Solidarität aussprechen möchte, kann dies tun unter:
Solidaritätsadressen an: magdeburg-schoenebeck@igmetall.de
Protestschrieben an die Geschäftsleitung, Herrn Klaus Denkewitz: info@doppstadt-calbe.de
Die FAU-Hannover hat bereits einen Offenen Brief an die Geschäftsführung geschrieben. Diesen findet ihr hier.