Aktionen gegen die Jobmesse Kiel

Die job-messe deutschland-Tour machte in diesem Jahr zum ersten Mal auch in Kiel Station. (Berichte von bereits gelaufenen Aktionen gegen Jobmessen finden sich bei Labournet).

Etwa 12 FAUistas aus Kiel, Flensburg und Bad Segeberg waren am 1. November auf dem Messegelände vor Ort und haben auf die rasante Ausbreitung von Leiharbeits- und Niedriglohnjobs aufmerksam gemacht.

Der bebilderte Artikel ist bei Indymedia abrufbar.

Jobmessen/Leiharbeit...

„Aussteller“ auf Jobmessen sind zu einem nicht zu verachtenden Teil „Personaldienstleister“ (d.h. Leiharbeitsfirmen), deren Geschäft es ist, menschliche Arbeitskräfte zu verleihen.Eine solche Messe bietet den Ausstellerfirmen Gelegenheit, ihr Beschäftigungsangebot vorzustellen und direkt Personal zu rekrutieren.So waren unter anderem auch die (Zeitarbeits-)Branchengrößen Randstad und Adecco vertreten. Aber auch Polizei und Bundeswehr hatten ihren Stand aufgebaut und suchten fleißig Personal für die innere und äußere Sicherheit.Der Besuch einer Jobmesse ist für Leute, die etwas mit der ARGE zu tun haben, häufig nicht freiwillig, sondern unter Androhung von Sanktionen erzwungen. Die Anwesenheit wird dann vor Ort protokolliert.

Die Leiharbeitsbranche ist seit der Agenda 2010 stark im Kommen. Seit 2003 hat sich die Zahl der Leiharbeiter mehr als verdoppelt - Tendenz weiterhin steigend.Leiharbeiter werden im Durchschnitt wesentlich schlechter bezahlt als ihre Stammkollegen. Reguläre Arbeitsverhältnisse weichen prekären Beschäftigungsformen und der Niedriglohnsektor weitet sich immer weiter aus. (1)

Aktionen gegen die Jobmesse Kiel

Zuerst wurden zuerst innerhalb des Messegeländes Flyer verteilt sowie auf Infotischen und anderen unverdächtigen Stellen ausgelegt. Eine zeitlang sorgte diese Taktik für Verwirrung undes dauerte knapp eine Stunde, bevor wir nach und nach von der Security des Hauses verwiesen wurden.Das war natürlich eingeplant und die Aktion wurde daraufhin mit zwei Transparenten vor dem Messegelände fortgesetzt. Im Laufe von 2,5 Stunden wurden so insgesamt 400 Flyer unter die Besucher gebracht. 100 davon waren Leihkeule-Zeitungen.
Die Resonanz war fast durchgehend positiv und die meisten Besucher haben sehr aufgeschlossen reagiert.Interessante Gespräche hatten wir nicht nur mit Besuchern, sondern auch mit den Sicherheitsleuten der Messe.Einige Messebesucher haben uns, als sie das Gelände wieder verließen, im Nachhinein recht gegeben.Letztendlich betrat während der Kundgebung erfreulicherweise kaum jemand ohne einen Flyer in der Hand das Gelände.

Unterstützt wurde unsere Aktion auch durch die Leiharbeitsfirma CSG - Cleansolutions Germany; diese war gleich mit 3 Personen vor Ort.Der Jungunternehmer und zukünftige Firmeneigner M. Krause vertrat hierbei seinen Vater, den Firmengründer. Er hat einen klaren Auftrag bekommen: Junge Menschen für das Firmenkonzept zu gewinnen.

Um das ökonomisch-gesellschaftliche Prinzip der Firma den möglichen Bewerbern zu verdeutlichen, wurde er von zwei bereits vermittelten gesellschaftlichen Ausnahmefällen begleitet.Zusammen mit seinen beiden „Anschauungsobjekten“ ging er nun also auf Kundenfang.Schon bald waren erste Interessenten gefunden, die sich geduldig anhörten, was der Firmeneigner für Pläne mit ihnen hatte:
„Fühlen sie sich nicht auch in ihrer jetzigen Situation unwohl?“, „Wäre es nicht ein besseres Gefühl, wenn sie sich wieder an den gesellschaftlichen Prozessen beteiligen könnten ? - Etwas für die Gesellschaft machen?!“Auch wenn man manchen Menschen ansah, dass Sie oftmals mit dem was hier „Gesellschaft“ genannt wird, innerlich abgeschlossen haben, bejahten Sie diese Fragen und öffneten sich allmählich dem Konzept.„Wir von CSG können ihnen helfen, eine neue, befriedigende Anstellung zu finden, sich wieder in die Gesellschaft zu integrieren, wieder JEMAND zu werden“.
Das Konzept sieht vor, Menschen für Firmen interessant zu machen, indem sie sich den jeweiligen Firmeninteressen unterordnen. Hierzu bietet CSG einen dreiwöchigen Workshop an, in dem eine positive Einstellung zu Arbeit, Gesellschaft und Nation erworben werden soll.Zum Beispiel ist es wichtig, dass junge Menschen ein „reelles Verständnis“ für einen „angemessenen Stundenlohn bekommen“. Und nicht, wie die beiden vorgeführten „Vermittelten“ einen nahezu „unverschämten Stundenlohn von 9,80 €/Std“ einfordern.„Mit 4,20€/Std am Anfang wäre nicht nur den Arbeitenden geholfen, sondern diese würden noch dazu beitragen, dass Firmenbudget für die Personalkosten nicht unnötig zu belasten“. Ein Prinzip, was bei nahezu allen Interessenten auf Verständnis traf.

Ebenso wie die Aussage, dass jeder erst einmal einen positiven Bezug zur Nation braucht, um für diese dann angemessen arbeiten zu können und dem Sozialwesen so wenig wie möglich auf der Tasche zu liegen.Eine Interessentin stimmte dem zu und setzte sogar noch einen drauf indem sie äußerte, „dass Soziales und Patriotismus sowieso miteinander einhergehen“.Krause führte weiterhin aus, dass die Firma Lobbyarbeit betreibt und gute Kontakte in die Politik unterhält. Es sei angestrebt, Arbeitslosengeld, Hartz IV und jegliche staatliche Unterstützung auf ein Minimum zu reduzieren, um so mehr Motivation für mögliche Vermittlungen zu schaffen.Vereinzelt gab es auch für diesen Plan Zustimmung.

Nach jedem Gespräch bot CSG dem jeweiligen Gegenüber noch einen weiterführenden Informationsprospekt an, der bei Betrachtung dann für Aufklärung sorgte und sich als FAU-Flyer gegen Leiharbeit und Jobmessen entpuppte.Dass die Menschen unserem absurden Konzept positiv gegenüberstanden, war schon ein unangenehmes Gefühl. Nur einer äußerte (vollkommen zu Recht) seinen Unmut über unser Konzept und Leiharbeitsfirmen im Allgemeinen. So bleibt zu hoffen, dass die Leute nicht weiterhin alles schlucken, was ihnen auf Jobmessen und dem „Arbeitsmarkt“ aufgetischt wird.Erst zum Ende unserer Aktion wurden wir als Störer enttarnt und ebenfalls des Ortes verwiesen.



Fazit:
Wir waren überrascht, wie gut alles aufgenommen wurde. Für zukünftige Aktionen dieser Art ist jedenfalls noch viel Luft nach oben. Es hätten gut und gerne auch doppelt so viele Flyer verteilt werden können.Einer der wenigen ablehnenden Kommentare kam von einer Messeangestellten - diese sagte, nachdem sie das Transparent begutachtet hatte: "Na ja, das kann man aber auch anders sehen..."
Ohne Zweifel.


FAU Kiel | Flensburg | Bad Segeberg





1) Material: