Die inszenierte Dummheit
Privatisierung der Uni-Kliniken in Schleswig-Holstein
Die Unternehmensberatung Deloitte und Touche hat in Rahmen einer gemeinsamen Ausschusssitzung im Landeshaus Kiel den Abgeordneten ihr Konzept für die Neustrukturierung des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein vorgestellt und sich kräftig blamiert oder doch nicht ?
Die Abgeordneten hatten geladen. In öffentlicher gemeinsamer Sitzung trafen sich die Mitglieder des Bildungs- / Wirtschafts- und Sozialausschusses des Landtages Schleswig-Holstein am 06.09.2006 um sich die Konzepte der Unternehmensberatung Deloitte & Touche sowie des Vorstandes des UK S-H erläutern zu lassen.
Viel wurde folglich gesprochen, gesagt hingegen eher weniger.
Besonders die Unternehmensberater machten bei der Präsentation ihrer Vorstellungen einen peinlichen Eindruck und schienen bei Nachfragen der ParlamentarierInnen schlecht vorbereitet und wortkarg.
Die als ZuhörerInnen anwesenden Beschäftigten jedenfalls waren nicht beeindruckt und am Ende nicht schlauer, denn gerade die Auswirkungen für die ArbeitnehmerInnen wurden durch D & L geschickt umfahren.
Gegenüber den detaillierten und eloquent vorgetragenen Ausführungen des Vorstandes zu seinem alternativen Strategiepapier waren die bezahlten Berater klar unterlegen, was viele BeobachterInnen zu dem Schluss verleitet haben mochte, dass die Gefahr eines drohenden Privatisierungsmodells gemindert worden sei.
Doch Vorsicht sei vor eiligen Schlüssen geboten.
Bereits im Vorwort wiesen die Berater auf die anwesende Öffentlichkeit hin. Damit war klar, dass wichtige Informationen, zu den wesentlichen Punkten des Strategiepapiers nicht zu erwarten waren.
Während der Vorstand die Öffentlichkeit zu Werbezwecken für sein Sparmodell nutzte, war das Ziel der Deloitte & Touche Delegation die Verschleierung der wahren Auswirkungen. Der Vortrag musste entsprechend dürftig ausfallen.
Niemand sollte sich Illusionen machen, dass die Berichte gegenüber den tatsächlichen Entscheidungsträgern der Landesregierung eine andere Qualität haben dürften.
Neoliberale Privatisierungsstrategien beinhalten eben in erster Linie Entscheidungsprozesse ausgewählter Kreise und nicht die umfangreiche Informationen der gewählten VolksvertreterInnen.
Hoffnung zogen die verunsicherten Beschäftigten aus der Tatsache, dass eben jene Abgeordneten auf kritische Fragen kaum Antworten erhielten und folglich wenig überzeugt schienen.
Man muss jedoch schon sehr der Wirklichkeit entfremdet sein, wenn man glaubt, dies hätte letztlich Auswirkungen auf die Mehrheitsentscheidung des Landtages und Abgeordnete würden tatsächlich nach Gewissen und Verstand entscheiden gerade so, als würde es so etwas wie Koalitionszwang nicht geben.
Zu glauben, die SPD Landtagsfraktion würde Ihre Machtansprüche in Kiel auf dem Altar politischer Ideologie opfern von der sich die SPD andernorts schon lange verabschiedet hat scheint, nun ja, sagen wir fraglich.
Der schleswig-holsteinische Landtag als Bollwerk gegen Neoliberalismus und kapitalistische Globalisierung dem Autor fehlt der Glaube.
Ihr Ziel scheinen die Think Tanks von Deloitte & Touche wohl erreicht zu haben. Statt aktiv eigene Gegenmaßnahmen und Widerstandsstrategien zu entwickeln, glauben die Beschäftigten und einige Personalräte wieder verstärkt an die Einflussmöglichen im politischen Prozess.
Unter dem Motto Verbündete suchen wird kräftig der Kontakt zu den politisch vermeintlich Handelnden gesucht, in der Hoffnung, dass diese sich nicht nur verbünden mögen, sondern sich auch den Kampf, der nur von den Beschäftigten erfolgreich geführt werden könnte, stellvertretend führen.
Eine neue Erkenntnis brachte die Anhörung dann doch.
Der Klinikvorstand hat sich nunmehr von seiner Vorstellung eines weitestgehenden Verzichts auf das Weihnachtsgeld durch die Beschäftigten verabschiedet und propagiert nunmehr den Rückgriff auf das im ver.di Verzichtstarifvertrag zur Zukunftssicherung der Krankenhäuser (ZuSi)und spricht von einer generellen Gehaltsabsenkung von 5% für alle Beschäftigten.
Das man das vom ZuSi angebotene Potential auf einen insgesamt 10%igen Lohnverzicht nicht ausschöpft, dürfte daran liegen, dass ver.di an den Abschluss einer solchen Vereinbarung die Offenlegung der Bilanzen durch die Kliniken zur gemeinsamen Entwicklung eines Zukunftskonzeptes vorsieht.
Die Erfahrung lässt vermuten, dass ver.di auf diese Bedingung wohl verzichten wird, wenn der Absenkungsrahmen des ZuSi nicht komplett abgefordert wird. Im Vordergrund steht für den Arbeitnehmerlobbyisten schließlich nicht das Wohl der Beschäftigten, sondern die Festigung der eigenen Monopolstellung.
Wie heißt es so schön: Den Beschäftigten bleibt die Wahl zwischen Pest und Cholera Schade, Widerstand scheint keine Option.
Harry H. (OG Hamburg/HL), 15.09.2006