50 Tage Streik bei Gate Gourmet Düsseldorf
Am Freitag, den 25.11.2005, gab es eine Solidaritätskundgebung an der Halle 8a des Düsseldorfer Flughafens. Dort streiken seit 50 Tagen über 80 ArbeiterInnen des Airline-Caterers Gate Gourmet. Angekündigt war der (DGB-Vorsitzende) Sommer, doch statt dessen kam der Winter - aber auch etliche FlughafenarbeiterInnen, GewerkschafterInnen und SympathisantInnen. Die Solidarität gilt einer Belegschaft, die mit erstaunlicher Ausdauer und großem Zusammenhalt trotz ungünstiger Rahmenbedingungen gegen das fortschreitende Dumping ihrer Arbeits- und Lebensbedingung kämpft. "Es hat einfach gereicht!" sagen sie - und es wird Zeit, dass ihr Beispiel Schule macht und der Funke, den sie entzündet haben, überspringt.
(Wem der folgende kommentierende Bericht zu lang ist oder wer zuerst Hintergrundinfos zum GateGourmet-Streik möchte oder wer sich direkt solidarisieren will, sei auf die links ganz unten verwiesen. Die wildcat-Artikel [1] [2] auf Indymedia zB bieten einen guten Überblick und Einstieg.)
Zur Kundgebung um 13 Uhr hatte sich der DBG-Vorsitzende Michael Sommer angesagt - er hatte den Streikenden beim 140-jährigen Jubliläum der NGG [3], in der sie organisiert sind, einen Solidaritätsbesuch versprochen. Wegen des Wintereinbruchs habe er aber nicht aus Berlin kommen können, hieß es (dafür käme er am Donnerstag, dem 1.12. um 8 Uhr morgens). Kalt und stürmisch war es auch in Düsseldorf, wo Streikende das vmtl. größte Transpi der Stadt gegen den Wind stemmten (siehe auch die Fotos [4] von der Kundgebung).
Inhaltlich (Mitschnitte der Redebeiträge [5] gibt's beim Sozialforum Dortmund) wurde der Streik als Versuch gewertet, zur Durchsetzung berechtigter Forderungen aus der allseits gepredigten Verzichtslogik auszubrechen, sowie die Streikenden für ihren ausdauernden und geschlossenen Kampf gelobt. Dieser Streik ist u.a. eine Reaktion darauf, dass sich die Arbeitsbedingungen in dem Betrieb massiv verschlechtert haben seit dem Verkauf der ehem. LTU-Tocher LTC an die ehem. Swissair-Tochter Gate Gourmet, die mittlerweile zum "Investor" Texas Pacific Group gehört. Wechselschichten rund um die Uhr und eine von McKinsey geplante Arbeitsverdichtung haben den Betrieb, in dem die Leute früher durchaus gerne gearbeitet haben, zur Knochenmühle werden lassen. Die Solidaritätsadressen lokaler Vertreter von ver.di, IG BAU und DGB können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Streik an Halle 8a bisher im wesentlichen isoliert ist. Weder andere Gate Gourmet "units" in Deutschland streiken bisher mit, noch andere Betriebe am Düsseldorfer Flughafen. Immerhin brachte der Vertreter der IG BAU einen Knackpunkt zur Sprache, dass nämlich zB die Reinigungskräfte am Flughafen keinen Solidaritätsstreik machen können, da das ja verboten ist. Seine Forderung nach einem "allseitigen gesetzlichen Streikrecht" könnte von der Linkspartei oder anderen Neuen Politikern[tm] sicher als Wahlslogan recyclet werden, nützt den Streikenden aber leider nichts sondern verlängert höchstens den (Irr-)Glauben an einen Staat, der die Sache der ArbeiterInnen voranbringe. Auch wünschte der IG BAU Delegierte, dass sich die Gewerkschaften vom Irrweg des allzu entgegenkommenden Kurses der letzten Jahre abkehren und wieder zu Kampforganisationen für eine lebenswerte Zukunft werden. So müsse angesichts des Koalitionsvertrages wieder mehr zusammen gekämpft werden. Was das konkret bedeutet, demonstrierte der Sprecher von ver.di, indem er einerseits darlegte, dass ver.di sich am Flughafen in mehreren Bereichen (u.a. LTU und Lufthansa) in Auseinandersetzungen auf der betrieblichen oder tariflichen Ebene befindet. Er zeigte aber andererseits keine Möglichkeit auf, wie daraus eine Unterstützung für die jetzt bei Gate Gourmet Streikenden werden könnte. Unerwähnt blieb auch, dass ver.di mit Gate Gourmet Deutschland eine Tarifauseinandersetzung hat (GG Düsseldorf gehört zu GG West - nicht zu GG Deutschland - und ist als ehem. LTC traditionell bei der NGG organisiert)[6].
Wirksame Unterstützung könnten die Streikenden allerdings dringend gebrauchen. Denn sie haben - außer mit dem Wintereinbruch - mit diversen Problemen zu kämpfen. Da ist zunächst der fehlende Sommer, womit hier nicht der o.g. Große Vorsitzende der Sozialpartnerschaftsbewegung gemeint ist, sondern die Hauptflugsaison. In der hätte sich ein Zuliefererstreik ganz anders ausgewirkt und somit wäre der Hebel der Belegschaft viel länger gewesen. Z.Z. ist relativ wenig Betrieb am Flughafen, sodass mittels Streikbrecherei und Leiharbeit der Betrieb bei Gate Gourmet zwar nicht vollständig, aber irgendwie doch aufrechterhalten werden kann. Dies dürfte die Basis dafür sein, dass Gate Gourmet in den Verhandlungen bisher komplett unnachgiebig ist und außerdem Verschärfungen beim Manteltarif (mehr Arbeitszeit, weniger Urlaub, weniger Zuschläge, weniger ...) fordert. Auch wenn die Aufrechterhaltung des Betriebs (incl. "security") teurer ist als die von den Streikenden geforderte Lohnerhöhung, dürfte Gate Gourmet - spätestens seit den August-Ereignissen in Heathrow [7] für rüde Methoden bekannt - kein Interesse an einer Belegschaft haben, die Forderungen durchsetzt und damit zum Beispiel für andere "units" werden könnte. Gegen diese starre Haltung hat die NGG bisher nur die Durchhalte-Karte aus dem Ärmel gezogen. Die (scheinbare?) Unkoordiniertheit zwischen NGG und ver.di [6] ist ein ganz offensichtliches Problem für die bisherige Isolation des Düsseldorfer Streiks innerhalb des Konzerns und des Flughafens. Dass immer mehr Menschen Angst vor dem Verlust des Jobs haben, ist ein wichtiger Faktor für die Streikbrecherei und das nicht-Ausbreiten dieses Streiks. Dies ist - nicht nur, aber auch - Ergebnis einer gewerkschaftlichen Strategie, die Hartz IV mit abgesegnet hat, Leiharbeit durch Tarifverträge mit etabliert hat, und ganz allgemein die Wut der Arbeitenden kanalisiert, juristifiziert und isoliert.
Wohltuend dagegen die Streikenden selbst, die (mit Unterstützung der NGG) trotz der Probleme gemeinschaftlich ihr "ya basta" in einen Arbeitskampf umsetzen, gegen ein Dumping der Arbeitsbedingungen und Löhne, für ein besseres Leben. Regelmäßig gibt es eine Streikzeitung [8], einige Demos und Blockaden [9] haben sie gemacht, Delegationen waren in Frankfurt, Hannover und sogar in Saint-Menet bei Marseille, einem von Schließung bedrohten, zeitweise besetzten Nestlé-Werk. Umgekehrt haben sie etliche Solidaritätsbesuche und Spenden bekommen. Ihr könnt zB Protest-FAXe an Gate Gourmet schicken [10] und die Streikenden besuchen: vom Fernbahnhof Düsseldorf Flughafen ca. 5 Fußminuten Richtung Terminal A-B-C die Straße unter der H-Bahn ("SkyTrain") entlang bis LTU (Halle 8), links gegenüber ist Gate Gourmet und davor das "gallische Dorf".