4.2.: Neben diversen Vollversammlungen, Demosntrationen und Aktionen nach der Urteilsverkündung fanden schon seit Längerem vorbereitet, am 3.2. in Essen, Leipzig, Mannheim, Hamburg und Berlin Demonstrationen gegen Studiengebühren mit insgesamt mindestens 20.000 TeilnehmerInnen statt.
26.1.: Endlich - mögen die Studiengebührenbefürworter der letzten zehn Jahren erleichtert aufatmen - endlich ist es gefallen, endlich rückt der freie Wettbewerb mit Preis und Leistung, Angebot und Nachfrage, näher.
Für die Studierenden stellt sich demhingegen die Aufgabe sich zu organisieren und den Studiengebührenvorstößen in den einzelnen Ländern Widerstand entgegenzusetzen.
Denn was für die Entscheider an ihren Schreibtischen und ihren sicheren Gehältern ein strategischer Meilenstein, ist denjenigen, die weniger Geld haben, jetzt schon jobben müssen, denken, daß Bildung für alle da sein müsse oder die Entwicklung der letzten Jahre, auch hinsichtlich Bolognaprozess (Stichwort BA/MA) und wirtschaftlichen und militärischen Weltmachtambitionen der EU (Wissenschaft und Bildung von Humankapital als Standortfaktor) aufmerksam beobachten, ein Grund der Sorge. Deshalb: A las Barrikadas!
Erstes Zeichen gegen Studiengebühren
3.2.: Demonstrationen in Essen, Hamburg, Leipzig, Berlin und Mannheim
siehe auch: VV gegen Studiengebühren in Leipzig am 27.1.: Gibt es eine Perspektive?
Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts vom 26.1.2005
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Regelung zum Studiengebührenverbot und zur Bildung verfasster Studierendenschaften mangels Gesetzgebungsrechts des Bundes nichtig
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Art. 1 Nr. 3 und 4 des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes (6. HRGÄndG), der die Länder auf den Grundsatz der Gebührenfreiheit des Studiums und zur Bildung verfasster Studierendenschaften an den Hochschulen verpflichtet, ist nichtig. Dem Bundesgesetzgeber fehlt das Gesetzgebungsrecht. Dies entschied der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts mit heute (26. Januar 2005) verkündetem Urteil.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
Die Regelungen zur Gebührenfreiheit des Studiums und zur Bildung verfasster Studierendenschaften fallen dem Gegenstand nach in die Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes (Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a GG). Der Bund hat aber nur dann das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- der Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht (Art. 75 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit Art. 72 Abs. 2 GG).
Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt:
Studiengebühren (Art. 1 Nr. 3 6. HRGÄndG)
1. Unter dem Aspekt gleichwertiger Lebensverhältnisse ist eine bundesgesetzliche Regelung über die Erhebung von Studiengebühren nicht erforderlich.
Das Ziel, möglichst breiten Kreisen der Bevölkerung den Zugang zum Hochschulstudium zu eröffnen, erfordert eine bundeseinheitliche Regelung nicht. Auf die bildungspolitische Einschätzung der Erhebung allgemeiner Studiengebühren kommt es für das Gesetzgebungsrecht des Bundes nicht an. Ein Bundesgesetz wäre erst dann zulässig, wenn sich abzeichnete, dass die Erhebung von Studiengebühren in einzelnen Ländern zu einer mit dem Rechtsgut Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse unvereinbaren Benachteiligung der Einwohner dieser Länder führt. Dafür bestehen jedochzurzeit keine hinreichenden Anhaltspunkte. Für die Wahl des Studienorts und der Hochschule ist eine Vielzahl von Faktoren von Bedeutung.
Soweit finanzielle Erwägungen bei dieser Wahl überhaupt eine Rolle spielen, sind Studiengebühren in der bislang diskutierten Größenordnung im Vergleich zu den Lebenshaltungskosten von nachrangiger Bedeutung. Vor allem aber ist anzunehmen, dass die Länder bei Einführung von Studiengebühren in eigenverantwortlicher Wahrnehmung der verfassungsrechtlich begründeten Aufgabe zu sozialstaatlicher, auf die Wahrung gleicher Bildungschancen bedachter Regelung den Belangen einkommensschwacher Bevölkerungskreise angemessen Rechnung tragen werden.
Auch der Aspekt, dass Unterschiede in der Erhebung von Studiengebühren zwischen den Ländern erhebliche Wanderungsbewegungen der Studierenden auslösen würden und es dadurch zu Kapazitätsengpässen und Qualitätsverlusten der Studiengebührenfreien Hochschulen kommen könnte, rechtfertigt eine bundeseinheitliche Regelung nicht. Es ist schon nicht ausreichend belegt, dass Studierende den Studienort maßgeblich unter dem Aspekt möglicher Studiengebühren wählen. Selbst wenn man von Wanderungsbewegungen ausginge, hat ein Land daraus resultierende Nachteile grundsätzlich in eigener Verantwortung zu bewältigen. Voraussetzung einer bundesgesetzlichen Regelung ist insoweit, dass
vorhersehbare Einbußen in den Lebensverhältnissen von den betroffenen Ländern durch eigenständige Maßnahmen entweder gar nicht oder nur durch mit anderen Ländern abgestimmte Regelungen bewältigt werden können. Dies lässt sich nicht feststellen.
2. Eine bundeseinheitliche Regelung ist auch nicht zur Wahrung der Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich.
Das Ziel, möglichst viele Befähigte an das Studium heranzuführen und ihnen einen berufsqualifizierenden Hochschulabschluss zu ermöglichen, liegt zwar im gesamtwirtschaftlichen Interesse. Es ist aber nicht ersichtlich, dass unterschiedliche Landesregelungen über die Erhebung von Studiengebühren dieses Ziel in erheblicher Weise beeinträchtigen könnten. Denn die Länder sind bundesrechtlich verpflichtet, den Hochschulunterricht auf geeignete Weise jedermann gleichermaßen entsprechend seinen Befähigungen zugänglich zu machen. Darüber hinaus bietet die Möglichkeit, allgemeine Studiengebühren einzuführen und auszugestalten, den Ländern die Chance, die Qualität der Hochschulen und eine wertbewusste Inanspruchnahme ihrer Leistungen zu fördern und auf diese Weise auch Ziele der Gesamtwirtschaft zu verfolgen.
3. Zur Wahrung der Rechtseinheit ist eine bundesgesetzliche Regelung ebenfalls nicht erforderlich. Unterschiedliches Landesrecht in Bezug auf Studiengebühren beeinträchtigt nicht unmittelbar die Rechtssicherheit im Bundesstaat.
Verfasste Studierendenschaften (Art. 1 Nr. 4 6. HRGÄndG)
Das Ziel, die Voraussetzungen für eine bundesweite Vertretung der Studierenden als Ansprechpartner der Bundesregierung in hochschulpolitischen Fragen zu schaffen, rechtfertigt eine bundesgesetzliche Regelung nicht. Denn es kann nicht angenommen
werden, dass Bundesregierung und Bundesgesetzgeber ohne eine bundesweit institutionalisierte Interessenvertretung der Studierenden Gefahr liefen, Problemlagen und Sachgegebenheiten nicht angemessen zu erfassen und zu bewältigen. Die Nichtigkeit der Regelung über die Pflicht zur Bildung von Studierendenschaften erfasst auch die mit ihr untrennbar verbundene Bestimmung über deren Aufgaben und Verfassung.
Urteil vom 26. Januar 2005 - 2 BvF 1/03 -
Karlsruhe, den 26. Januar 2005
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