Bis zu 160.000 Bescheide für Hartz-Fälle auf dem Weg ins Daten-Nirwana
Ein Update der A2LL-Software wird an diesem Wochenende dazu führen, dass die ausstehenden Druckdaten von bis 160.000 ALG2-Bescheiden auf Nimmerwiedersehen gelöscht werden. Dies teilte die Bundesanstalt für Arbeit jüngst in ihrem internen SGB-Infonetzwerk den Anwendern der Software mit. Wir finden, dass dies ein preisverdächtiges Beispiel für praktizierte innerbehördliche Sabotage ist und gratulieren den VerursacherInnen zu dieser erfolgreichen direkten Aktion. Wie die massenweise Datenvernichtung genau funktioniert, verraten wir euch im Anschluss.
Die Dateneingabe in das A2LL-System ist dezentral, der Ausdruck der Bescheide hingegen erfolgt zentral durch die Bundesanstalt für Arbeit. In diesem Zusammenhang gibt es in der Erfassungsmaske der Software einen Status "verzögerter Druck", bei dem die einzelnen Fälle in eine Warteschlange gestellt und später abgearbeitet bzw. ausgedruckt werden. Die Software für die zentrale Druckfunktion wird nun zum Wochenende 4. und 5. Dezember aktualisiert werden, um u.a. neue und überarbeitete Druckvorlagen aufzuspielen. Der angekündigte Nebeneffekt der Aktion, alle 160.000 derzeit im Status "verzögerter Druck" geparkten Bescheide werden unwiederbringlich gelöscht. Zwar warnte die Bundesanstalt in mehreren Rundschreiben in zunehmend schärferem Ton die AnwenderInnen der A2LL-Software, dass diese ihre Fälle zum Druck freigeben sollen. Gefruchtet hat das allerdings offensichtlich wenig. Vielleicht ja auch kein Wunder, denn wer hat schon Zeit, sich um die schwebenden "Altlasten" zu kümmern, wenn man eh schon mit der Eingabe neuer Fälle nicht mehr nachkommt?
Durch die zentrale Datenvernichtung werden zwar nicht die eigentlichen Falldaten gelöscht. Dies wäre der Super-GAU für die Bundesagentur und würde das endgültige Ende der geplanten Einführung des ALG2 zum 3. Januar 2005 bedeuten. Denn auch so hat man in vielen Städten schon genug Schwierigkeiten diesen Termin überhaupt einzuhalten. Intern munkelt man schon länger, dass zumindest in einigen Kommunen der Termin nicht haltbar sein wird.
Dennoch aber wird die Löschung der 160.000 Druckbescheide eine riesige Welle zusätzlichen Aufwandes nach sich ziehen. Nach Aufspielen des Updates müssen nämlich alle betroffenen Fälle erneut geöffnet und zum Druck freigegeben werden. Wer die SachbearbeiterInnen über die Zugriffsgeschwindigkeit und -Stabilität der zentralen Server schimpfen und weinen hört, kann sich unschwer vorstellen, was dieser Mehraufwand bedeuten wird. Durch die Umstellung werden ausserdem alle ergänzenden Angaben (Texte etc.) gelöscht und müssen erneut geschrieben bzw. einkopiert werden. Der Aufwand an gesellschaftlich "notwendiger" Arbeitszeit durch das neue Software-Release wird jedem Fall in die Millionen gehen und das Eingabesystem, das sowieso schon auf tönernen Füßen steht, weiter belasten. Wir gratulieren an dieser Stelle allen UnterstützerInnen in Verwaltung und Programmierung!
Denjenigen unter den LeserInnen, die mit der Software arbeiten müssen und nicht mehr weiter wissen, können sich übrigens an die Helpline der Bundesanstalt für die A2LL-Software wenden. Die ist zu erreichen unter 0800-500 52 22.