An die Beschäftigten der Agenturen für Arbeit, Arbeitsgemeinschaften / Job-Centern und der Sozialämter,
für die die Erwerbslosen nicht nur ein Kostenfaktor sind...
Wir freuen uns, dass wir täglich mehrere hundert Zugriffe aus dem Netz der Arbeitsagentur und dem von Sozialämtern auf die Seiten von www.fau.org haben. Wir wissen, dass man in den Leitungsebenen sehr genau beobachtet, was sich hier tut. Wir wissen aber natürlich auch, dass es SachbearbeiterInnen gibt, die Mitglieder von FAU-Syndikaten sind oder mit uns sympathisieren. Und dass es viele in den Amtsstuben gibt, die einfach diese Seiten nutzen, um sich über den Widerstand gegen den sozialen Kahlschlag zu informieren. Weil dem so ist, nutzen wir diese Gelegenheit, um alle Interessierten über ein aktuelles Flugblatt der "Agenturschluss"-Kampagne an die Beschäftigten in den Agenturen zu informieren.
Wir bitten alle, die die Möglichkeit dazu haben, diesen Text in den Ämtern und Agenturen zirkulieren zu lassen und damit der Falschinformation und Einschüchterung der Beschäftigten seitens der Vorgesetzten und und etlicher DGB-Gewerkschafter entgegenzutreten.
Liebe Kollegin, lieber Kollege!
Trotz Arbeitsverdichtung, Hetze und Überstunden hoffen wir auf Ihre Geduld, diese Zeilen zu lesen.
Wir, die Protestierenden gegen die Hartz-Gesetze wenden uns an Sie, weil wir davon überzeugt sind, dass wir gleiche Interessen haben und gemeinsam gegen die Umstrukturierungen des Arbeitsmarktes, die Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen und den Sozialabbau kämpfen sollten.
Wir sollen zu Niedriglohnarbeit gezwungen werden, die alle Löhne und Tarife angreift und auch in den Agenturen muss länger gearbeitet werden, die Manteltarife sind gekündigt und das Weihnachtsgeld ungewiss...
Unser Protest richtet sich auch gegen die Agentur für Arbeit und die Arbeitsgemeinschaften/Job-Center, weil dies der Ort ist, an dem die entwürdigenden Hartz-Gesetze vorrangig umgesetzt werden. Hier müssen vom Kapital aussortierte Menschen ihre Existenzberechtigung nachweisen, hier werden sie in nicht existenzsichernde Arbeit (Niedrigstlohn, Leiharbeit) gezwungen, überwacht und auch noch mit Leistungskürzungen oder gar -sperren bestraft.
Unser Protest richtet sich gegen diejenigen, die glauben, irgend einen Job zu verrichten - obwohl von Fördern kaum noch die Rede ist und Arbeitsplätze auch nicht in Sicht und sogar Erwerbslose, verfassungswidrig, anregen aus der Gewerkschaft auszutreten.
Unser Protest richtet sich NICHT gegen diejenigen Beschäftigten der Agenturen und der Ämter, die sich ebenfalls dagegen wehren, dass Menschen derart entwürdigend behandelt werden sollen - wir hoffen und bauen auf die gegenseitige Solidarität!
Der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske hat sich gegen Proteste vor den Arbeitsagenturen oder die Aktion Agenturschluss gewandt, weil "die Politik" diese Gesetze verabschiedet habe, nicht die Beschäftigten. Recht hat er: die Gesetze wurden von "der Politik" verabschiedet - leider mit teilweiser Zustimmung der Gewerkschaftszentralen, auch von ver.di, wenn auch nicht zu ALG II. Doch alle Gesetze, nicht nur diese repressiven, bleiben bedeutungsloses Papier, solange sie nicht umgesetzt werden!
Als ArbeitsvermittlerIn und FallmanagerIn, schließen Sie mit "Kunden" einen Eingliederungsvertrag ab und entscheiden, ob die "Kunden" gar z.B. als Arbeitsgelegenheit einen 1-Euro-Job annehmen müssen. Nach dem internationalen Recht, das auch in Deutschland gültig ist, ist eine Pflichtarbeit unter Androhung einer Strafe verboten (Erklärung der Menschenrechte von 1948, Artikel 25, Abs. 1.). Sie haben (bei allem Druck und bei aller Kontrolle und Statistik, auch Ihnen gegenüber, und nicht zuletzt der Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren) Spielräume - nutzen Sie sie zu Gunsten der betroffenen und unterstützen Sie unsere Proteste gegen diese Gesetze!
Es gibt KollegInnen, die diese Spielräume durchaus im Sinne einer "Verfolgungsbetreuung" nutzen - Ihre "Kunden" kennen einige davon, Sie kennen sie bestimmt auch. Wir haben nicht vor, sie aus ihrer persönlichen Verantwortung zu entlassen. Kritische BA-Mitarbeiter müssen sich mit solchen BA-Mitarbeitern mit vorauseilendem Gehorsam auseinandersetzen.
Auch Sie erleben Druck von oben, werden kontrolliert und haben fremd gesetzte Ziele zu erfüllen. Von einer Gewerkschaft erwarten wir, dass sie uns alle unterstützt, sich gegen diesen Druck von oben zu wehren und Ihnen hilft, den Druck nach unten zu verweigern.
Liebe Kollegin, lieber Kollege! Wir sind uns dessen bewusst, dass auch Sie Opfer der Hartz-Gesetze sind, Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen oder gar Arbeitsplatzverlust zu befürchten haben. Auch wir sind gegen die Privatisierung der Agenturen ! Und wir sind gegen die Privatisierung der Lebensrisiken!
Es gibt viele Gründe, sich - gemeinsam - zu wehren!
Die Aktion Agenturschluss
[http://www.labournet.de/agenturschluss]
P.S. Hier steht (baldestmöglich) ein Forum zum anonymen Austausch - untereinander und mit Erwerbslosen - zur Verfügung!
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