Frankfurt - Besuch bei einer DGB eigenen PSA
Ein dutzend Mitglieder der FAU Frankfurt besuchte im Rahmen der 'Aktionstage gegen Sozialabbau' eine Filiale der DGB eigenen Personal Service Agentur 'Inab'. Besetzen konnten wir die Büros leider nicht, sie waren alle leer. Also hinterließen wir unsere Forderungen in Form von Aufklebern und Plakaten.
Danach sind wir zum Mutterkonzern bwf (Berufsfortbildungswerk des DGB) gezogen, wo einige von uns die Teilnehmer der Trainingskurse mit Transparenten und Flugblättern beglückten, während andere sich mit dem Inab Geschäftsführer Dunkel in Erkrath verbinden ließen.
Wir haben uns vorgestellt und ihm unsere Forderungen präsentiert, unseren Text bekam er von der Leiterin des bfw, unserer "Gastgeberin", zugefaxt.
» ... Der DGB beteiligt sich an dieser Form staatlicher Zwangs-Leiharbeit durch seine eigenen PSAs wie der Inab in Frankfurt.
Wir verlangen von der Inab, dass sie ihren Beschäftigten "equal pay", also gleichen Lohn, wie in den Entleihbetrieben bezahlt.
Selbstverständlich rückwirkend ab 1.1.2004.
Nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) ist sie dazu verpflichtet.
Sollte die Inab Löhne nach einem der Dumpingtarifverträge von DGB oder CGB zahlen, verlangen wir den Nachweis, dass die Belegschaft in einer dieser Gewerkschaften organisiert ist.
Nur dann kann ein solcher Tarifvertrag gelten.
Vom DGB - dem Besitzer der Inab - verlangen wir, dass er alle seine Personal Service Agenturen umgehend schließt. «
Mit dem Inab Geschäftsführer waren wir uns am Telefon über die Lage der Tarifverträge schnell einig. Er betonte, daß sie nach DGB-Vertrag zahlen würden, stimmte uns allerdings zu, daß dieser Traifvertrag nur für Mitglieder der Vertragsparteien gelte.
Wir haben ihm erklärt, wir erwarten daß alle Beschäftigten, die nicht Mitglieder des DGB sind nach AÜG mit "equal pay" bezahlt werden. Das Thema war ihm bekannt und er erklärte seine Bereitschaft zu Verhandlungen, wenn Beschäftigte als Nicht-DGB Mitglieder die Bezahlung nach deren Tarifvertrag ablehnen würden.
Beschäftigte in PSA's und Leiharbeitsfirmen sollten dringend aus den DGB Gewerkschaften austreten, sonst verzichten sie freiwillig auf 30-50% ihres Lohnes!
Weitere Informationen über:
FAU Frankfurt
Der folgende Text war einer der Redebeiträge auf der Demo zum Aktionstag 2.4. gegen Sozialabbau am Abend in Frankfurt
Hintergrund: Der DGB und das schmutzige Geschäft mit der Arbeitslosigkeit
An der Umsetzung der Hartz-Empfehlungen ist nicht nur die Regierung von SPD und Grünen, sondern auch der DGB beteiligt.
Seit 1. April 2003, seit genau einem Jahr, können Arbeitslose ab dem ersten Tag ihrer Arbeitslosigkeit vom Arbeitsamt gezwungen werden, sich einer PersonalServiceAgentur zur Verfügung zu stellen. Das Konzept der PersonalServiceAgenturen gehört zum Herzstück der Reformpläne des VW-Managers Peter Hartz.
Was eine PersonalServiceAgentur ist, steht im Bericht der Hartz-Kommission vom August bzw. Oktober 2002:
"Die PersonalServiceAgentur (PSA) ist ein wirkungsvolles Instrument zum Abbau der Arbeitslosigkeit. Ziel der PSA ist es, Einstellungsbarrieren zu überwinden und Arbeitslose mit einer neuen Form vermittlungsorientierter Arbeitnehmerüberlassung schnell wieder in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren ("Klebeeffekt").
Als eigenständige Organisationseinheit erbringen PersonalServiceAgenturen
Dienstleistungen für und im Auftrag des [Arbeitsamtes] . ... Der neue Aufgabenschwerpunkt ist die vermittlungsorientierte Arbeitnehmerüberlassung." (1)
Und was die Einführung der PersonalServiceAgenturen für alle Arbeitslosen bedeutet, steht ebenfalls im Bericht der Hartz-Kommission. Die Neuregelung auf dem Arbeitsmarkt lautet:
"Die Verpflichtung zur Aufnahme einer Beschäftigung in der PSA ergibt sich für den Arbeitslosen gemäß der Regelungen der Neuen Zumutbarkeit. Eine Ablehnung ist mit leistungsrechtlichen Konsequenzen verbunden. ... Während der Probezeit ... erhalten [die Beschäftigten einer PersonalServiceAgentur] einen Nettolohn in Höhe des Arbeitslosengeldes, anschließend den tariflich vereinbarten PSA-Lohn." (2)
Damit das Ganze funktioniert, bedarf es einer entscheidenden Bedingung:
"Eine PersonalServiceAgentur kann ... nur dann effektiv arbeiten, wenn Beschränkungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) nicht gelten. Daher ist eine gesetzliche Aufhebung - unter dem Vorbehalt, daß Tarifverträge abgeschlossen werden - vorzusehen." (3)
Seit Jahresbeginn (01.01.2004) gilt durch die Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) der Gleichbehandlungsgrundsatz auch für die Entlohnung. Das bedeutet: Leiharbeitnehmer können von ihrem Zeitarbeitsunternehmen den gleichen Lohn verlangen, wie er auch im Entleihbetrieb für die gleiche Tätigkeit bezahlt wird. Bisher waren Entleiherbetriebe zwar in allen anderen Bereichen, nicht aber bei der Entlohnung, verpflichtet, alle in ihrem Betrieb tätigen Personen, also auch Leiharbeitnehmer gegenüber der Stammbelegschaft, gleich zu behandeln und jegliche Form der Diskriminierung zu unterbinden (§ 75 Abs. 1 BetrVG). Hingegen in anderen europäischen Ländern wie Holland und Frankreich gilt der Lohngleichheitsgrundsatz schon seit langem. (4)
Damit also die PersonalServiceAgenturen effektiv arbeiten können und somit ihr ökonomischer Erfolg gesichert ist, bedurfte es entsprechender Tarifverträge, um das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz bei der Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatz für die Entlohnung auszuhebeln. (5) Denn erst wenn nicht mehr gleicher Lohn für gleiche Arbeit gilt, wird das Leihgeschäft mit arbeitslosen Arbeitnehmern interessant.
Erst durch die Dumpingtarifverträge des DGB konnten Teile der Hartz-Gesetze umgesetzt und wirksam werden, so daß durch den Abschluß der BZA-IGZ-Leiharbeitstarifverträge die Beschränkungen des bisherigen Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes weitgehend aufgehoben sind. Ohne diese Tarifverträge gälte heute für Leiharbeiter [nach AÜG §3 (1) 3] gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Die Verschlechterungen durch die verabschiedeten Hartz-Gesetze haben die großen Gewerkschaften mitgetragen und mitgestaltet. Durch die Einführung der PersonalServiceAgenturen kann jeder Arbeitslose gezwungen werden, Arbeiten zu lächerlich niedrigen Löhnen anzunehmen, ansonsten drohen ihm erhebliche Leistungskürzungen.
Was als Klebeeffekt propagiert wurde, zeigt sich in der Realität als Drehtüreffekt. Statt Langzeitarbeitslose zunächst über Leiharbeitsverhältnisse in Festanstellungen zu bringen, werden Teile der Stammbelegschaft entlassen, um sie dann wieder über eine PersonalServiceAgentur zu einem Schandlohn zu beschäftigen. Selbst
die Zeitarbeitsbranche ist über die Konkurrenzangebote durch PersonalServiceAgenturen verstimmt. So berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung im Juli vergangenen Jahres: "Es gebe Agenturen, die die Subventionen nutzten und einen Buchhalter für 3,20 Euro überließen ... Es sei daher nicht auszuschließen, daß Unternehmen ihre Zeitarbeitskräfte durch PSA-Beschäftigte ersetzten." (6)
Für den Vorstandsvorsitzenden der Leiharbeiterfirma Jobs in time und Tarifverhandlungsführer für die Zeitarbeitsbranche ist aus eigenem Interesse klar: "Dieser Humbug muß ganz schnell beendet werden." (7)
Das sieht manch anderer auch so, nur aus ganz anderen Gründen.
Über den Drehtüreffekt beschweren sich nicht nur Vorstandsvorsitzende von Zeitarbeitsunternehmen, sondern auch Betriebsräte, so z.B. Peter Bloch, Betriebsrat beim Berufsfortbildungswerk (bfw) in Gelsenkirchen. In der Weiterbildungsbranche wird gespart durch Entlassung und Wiederneueinstellung der Mitarbeiter. Bloch beobachtet: "Nicht selten würden Mitarbeiter in Tochterunternehmen wieder eingestellt - zu wesentlich niedrigeren Tarifen oder als Honorarkräfte. Beim bfw zum Beispiel sei es gängige Praxis, entlassene Mitarbeiter bei der 'inab', einer Ausbildungs- und Beschäftigungsgesellschaft des bfw, einen Job anzubieten. Anders als im bfw gilt bei der 'inab' kein Tarifvertrag. Daß Weiterbildner in neuen Positionen auf die Hälfte ihres bisherigen Einkommens verzichten, ist keine Seltenheit." (8)
Diese Passage ist aus der Zeitschrift der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft vom Dezember 2003 zitiert. Was in dieser gewerkschaftseigenen Zeitung nicht gesagt wird: Sowohl das Berufsfortbildungswerk (bfw) als auch die 'inab' sind Unternehmen des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Die inab - Ausbildungs- und Beschäftigungsgesellschaft mbH ist eine 100 %ige Tochtergesellschaft des Berufsfortbildungswerkes (bfw).
Das Berufsfortbildungswerk GmbH ist wiederum eine gemeinnützige Bildungseinrichtung des DGB. (9)
Das Berufsfortbildungswerk ist seit 50 Jahren als gewerkschaftliches und gemeinnütziges Unternehmen bundesweit in der beruflichen Bildung und Beratung tätig, während die inab GmbH ihr Feld erweitert hat und sich neben Zeitarbeitsunternehmen wie Adecco, Manpower und Randstadt auch als PersonalServiceAgentur behaupten will. (10) Und sollte das Geschäft mit der Arbeitslosigkeit nicht den gewünschten Ertrag bringen, dann gibt man diesen Geschäftszweig auf, so zumindest bei inab PersonalService Köln. (11)
Nun wird verständlich, weswegen der DGB an den Hartz-Plänen festhält.
Bei den von Betriebsrat Bloch beobachteten Fällen beißt sich die Katze in den Schwanz: Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft ist selbst Mitglied im Dachverband DGB und ihre Mitglieder erfahren nur die Repression durch ihren eigenen Dachverband.
Wie der DGB mit seinen eigenen Mitarbeitern umgeht, ist alles andere als beispielhaft. Doch das ist bezeichnend. Morgen, am Samstag, will der DGB in Berlin, Köln und Stuttgart gegen Sozialkahlschlag demonstrieren (12), ungeachtet dessen, daß er selbst an diesem Sozialkahlschlag Anteil hat, diesen sogar mitgestaltet und aus der Not der Arbeitslosen ein Geschäft macht.
F.B. FAU Frankfurt
Quellen:
- Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt. Bericht der Kommission für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (Hartz-Kommission). 01.10.2002, S. 23: Aufbau von PersonalServiceagenturen (PSA): Betriebliche Weiterbildung - Integration schwer Vermittelbarer.
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- ISA - Information zur Sozial- und Arbeitsmarkpolitik. Hrsg. DGB-Bundesverband, Ausgabe 6, November 2001
- Was ändert sich bei der Leiharbeit? DGB-Bundesverband, Sekretariat Tarifpolitik Berlin, 15.11.2002
- FAZ, 23.07.2003, Nr. 168, S. 11
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- Prekär. Zeitung für die Beschäftigten in der Weiterbildung. Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Nr.10 / Dezember 2003
- http://www.bfw.de/ und http://www.inab-hamburg.de/
- Frankfurter Rundschau, 31.08.2003
- taz Köln, Nr. 7296, 28.02.2004, Seite 1
- Demonstrationsaufruf des DGB: Aufstehen damit es endlich besser wird! Europäischer Aktionstag 3. April 04 Berlin, Köln, Stuttgart. DGB