Polen: Auseinandersetzungen bei Bergarbeiterprotesten

Am 11. September kam es zu Straßenschlachten zwischen schlesischen Bergleuten und der Polizei, als tausende von Kumpel gegen die geplanten Zechenschließungspläne der Regierung protestierten. Während die Regierung versucht, die Proteste zu kriminalisieren, stoßen diese in Teilen der Bevölkerung auf Zustimmung.

Ein Bericht der Arbeiterinitiative der AF Polens.


Am 11. September demonstrierten fast 10.000 schlesische Bergleute gegen die Schließung ihrer Gruben. Im vergangenen Jahr hatte die Regierung angekündigt, dass bis zu 30.000 Bergleute entlassen werden sollen.

Angesichts eines angedrohten Generalstreiks, gab die Regierung zunächst ihren Plan auf und zog zum Schein ihre Ankündigung zurück.

Von Beginn der Demonstration an gab es Auseinandersetzungen zwischen den Kumpel und der Polizei. Der Demonstrationszug ging zuerst zum Hauptquartier der regierenden SLD, das mit Steinen beworfen wurde. Dananach bewegte sich die Demonstration, die zwischenzeitlich für illegal erklärt worden war, zum Wirtschaftsministerium. Dort kam es zu Auseinandersetzungen mit den Polizeiketten, die das Regierungsgebäude bewachten. Die Demonstranten warfen Knallkörper und Molotow-Cocktails; die Polizei setzte Wasserwerfer, CS-Gas und Gummigeschosse ein. Die Fassade des Gebäudes wurde beschädigt, rund 40 Fensterscheiben gingen zu Bruch. 62 Polizisten wurden bei den Auseinandersetzungen verletzt, einige schwerer. 22 Kumpel wurden medizinisch behandelt, die genaue Zahl der Verletzten ist unbekannt. Die Schäden werden auf rund 200.000 Zloty (49.000 Euro) geschätzt.

Die Regierung will die protestierenden Kumpel verhaften und bestrafen lassen. Die Medien haben einen regelrechten Krieg gegen die Organisatoren der Proteste gestartet. Nicht alle Berichte jedoch sind ablehnend. So sagte beispielsweise der berühmte schlesische Film- und Theaterdirektor Kazimierz Kutz anlässlich eines Interviews in der Gazeta Wyborcza (Der größten landesweiten polnischen Zeitung): "Diese Leute verteidigen sich gegen Entwürdigung und unmenschliche Behandlung. Ich kann das Gejammer darüber, wieviele Scheiben im Ministerium zu Bruch gegangen sind, nicht mehr hören. In ihren Augen ist der Mob eingefallen und hat ihnen in die Lounge geschissen. Die Regierung interessiert sich nicht dafür, wenn jemand verhungert. Und falls sie versuchen sollte, das Gleiche mit den Kumpel zu veranstalten, wie Margret Thatcher, dann wird sie das bereuen. Die Taktik sie zu isolieren und dann zu erledigen wird in Polen nicht funktionieren. Wir sollten nicht vergessen, dass die Kumpel auf einige Ortschaften konzentriert sind und es dort sehr viele von ihnen gibt. Da tickt eine Zeitbombe."

Der Chefredakteur der größten Lokalzeitung schrieb: "Den Kumpel wird gesagt, dass Großbritannien sogar ein noch größeres Problem mit seinen Bergleuten gehabt habe und dennoch irgendwie unter der eisernen Hand von Margret Thatcher mit ihnen fertig geworden sei. England hat sogar größere Demonstrationen erlebt, als wir am Donnerstag. Ich habe Engländer getroffen, die bis heute eine Abneigung gegen ihre Ex-Premierministerin haben. Die Zeitungen sind voll mit Nachrichten über Selbstmorde und den rasanten Anstieg der Anzahl von Alkohol- und Drogendelikten. Viele, die damals entlassen wurden, haben nie wieder einen Job gefunden und sind seither auf staatliche Unterstützung angewiesen. Unsere Reformer, die seit Jahren nach einer Lösung der Probleme mit dem Bergbau suchen, sollten nicht versuchen dem britischen Beispiel zu folgen, weil ihnen das nicht gut bekommen würde. Wir waren ziemlich dumm darin den Systemwechsel und die damit verbundene Armut, die Arbeitslosigkeit und den Anstieg der Kriminalität zu akzeptieren.

Die wütenden Vertreter der Gewerkschaften haben weitere Proteste angekündigt. Am 12. September gab es Versammlungen in den schlesischen Gruben. "Auf den Versammlungen am Freitag stimmten alle mit meiner Auffassung überein", sagte der stellvertretende Vorsitzende der Bergarbeiter-"Solidarnosc", Marek Klementowski. "Wir brauchen 10.000 Leute, wenn wir nach Warschau gehen sollen. Ich bin mir sicher, dass wir unterwegs mehr werden und dass wir 100.000 sein werden".


Quelle: ArbeiterInnen-Initiative der Anarchistischen Föderation Polens http://republika.pl/paspartoo0/wi -- Übersetzung: FAU-IAA Moers