Irak, Öl und US-Welthegemonie (1) - Erklärung des IAA-Sekretariates

Während Millionen Menschen rund um die Welt am Wochenende (15./16.
Februar 2003) gegen einen möglichen Krieg gegen den Irak demonstriert
haben, der von der US-geführten "coalition of the willing" (Bündnis der
Bereitwilligen) in die Wege geleitet wurde, scheint es, dass Präsident
George W. Bush entschlossen ist, diesen Krieg um jeden Preis zu bekommen.

Aussenminister Colin Powell hat gesagt, dass die USA dem Irak noch
höchstens zwei Wochen geben. Die USA wissen, dass der entscheidende Angriff
so schnell wie möglich erfolgen muss, bevor es im April wärmer wird.

Es ist äusserst wichtig für die USA diesen Krieg zu gewinnen. Ihr Ziel
ist eindeutig das Szenario eines "schnellen Sieges", das nur ein oder
zwei Monate andauert. Dieses Szenario würde dem (letzten) Golfkrieg,
sowie dem Kosovo- und Afganistankrieg ähneln. Es würde ebenso die
Kombination einiger Strategien benötigen, wie auch das Glück Saddam Hussein und
seine Führerschaft zu fangen oder zu töten. Die irakischen Bodentruppen
müssten sich ausserdem schnell ergeben und die US-Streitkräfte müssten
zivile Aufstände verhindern, die im ölreichen Süden oder in den
kurdischen Regionen ausbrechen könnten.


Dieses Szenario würde den USA ermöglichen ihre Ziele zu erfüllen. Am
06. August letzten Jahres (2002) sagte ein anonymes Miglied der
US-Verwaltung gegenüber der (Zeitung) Washington Post: "Der Weg zum gesamten
Mittleren Osten führt durch Bagdad." Wir können nur auf die Karte schauen.
Mit seinen Truppen im Irak und in der Türkei, in ehemaligen
Sowjetrepubliken im Norden und in Aghanistan im Osten würden die US-Truppen dann
den Iran - einen der Staaten der "Achse des Bösen" - umzingelt haben.


Sie würden ausserdem Zugang zu den enormen Ölfeldern des Iraks
bekommen, die die zweitgrössten Ölreserven der Welt sind. Colin Powell hat
gesagt, dass das irakische Öl "treuhänderisch für das irakisch Volk
verwaltet" würde. Aber er sagte nichts darüber, wer dafür bezahlt würde, das
Öl aus dem Boden zu holen und wohin es als nächstes gehen wird.


Es scheint eine Angelegenheit der nationalen Sicherheit zu sein, im
Irak-Konflikt nicht über Öl zu sprechen. Teilweise daher, weil ein
Regimewechsel den Ölgesellschaften aus den USA und Grossbritannien zugute
kommen würde. Aber wenn das Regime überlebt, werden die Ölquellen von
russischen, chinesischen, französischen und irakischen Firmen gebohrt. Aber
hauptsächlich hat es vielmehr mit einem anderen Nachbarland zu tun,
nämlich mit Saudi-Arabien.


Saudi-Arabien ist die grösste ölproduzierende und -exportierende Nation
und besitzt die grössten Ölreserven der Welt. Die Ölproduktion ist sehr
preiswert. Aus einem Verbündeter der USA mit einer selbstherrlichen
Monarchie, die in der Lage ist die Ölförderung je nach dem wechselnden
Bedarf der USA und der Weltwitschaft hoch oder niedrig zu halten, ist
Saudi-Arabien zu einem unsicheren und unzuverlässigen Partner geworden.
Als führender OPEC-Staat (Organisation der ölproduzierenden Länder) ist
es, wie die übrigen OPEC-Staaten, abhängig von relativ hohen Ölpreisen,
um die eigene schnell wachsende Bevölkerung in sozialem Frieden zu
halten. Das verträgt sich nicht mit den Vorstellungen der USA von einer
zunehmenden Ölförderung bei diesen niedrigen Preisen.


Das Szenario eines erfolgreichen "schnellen Sieges" wird es dem
geplanten, von den USA kontrollierten, irakischen Regime ermöglichen, die
Ölproduktion zu erhöhen und dadurch den Welt-Ölpreis zu verringern. Dann
wird Saudi-Arabien mehr Öl fördern müssen, um den angestrebten Einnahmen
nahe zu kommen. Das würde das Königreich dazu zwingen mehr in die
Ölindustrie zu investieren, was wiederum die grossen Ölfirmen des Westens
dazu bringen wird, ebenfalls zu investieren und die Kontrolle über die
saudischen Ölfelder zu erlangen.


Das Ergebnis wäre das grosse Ziel der USA, wenn sie das Rennen im Irak
und in Saudi-Arabien machen würden. Erfolgreicher militärischer,
wirtschaftlicher und diplomatischer Druck könnte aufgebaut werden, um einen
Staatsstreich in lateinamerikanischem Stil auszuführen, um Saudi-Arabien
zu teilen und im gesamten Mittleren Osten die Landkarte neu zu
zeichnen. Diese Teilungspläne wurden von dem britischen Parlamentsmitglied
George Galloway (Labour Party) bereits umrissen.


Wenn den USA dieses Szenario gelingen sollte, dann können sie nicht nur
ihre eigenen, jetzigen und künftigen Öbbedürfnisse sichern, sondern
auch noch ihre Konkurrenten Frankreich, Deutschland, Russland und China
kontrollieren. Frankreich, Russland und China sehen, dass wenn ihre
eigenen Öl-Projekte aus dem Mittleren Osten ausgeschlossen wären, die USA
nicht nur ihre Vorherrschaft erhalten, sondern noch verstärken würden.
Dieser sehr wichtige Schritt der USA kommt zu den Strategien hinzu, die
wir seit den 1990er Jahren bis heute verfolgen können. Der Ausdruck vom
"Alten" und "Neuen" Europa stammt von eben dieser Strategie des
"Teile-und-Herrsche":


Die Strategie der USA ist es gewesen, Frankreich und Deutschland im
Gleichgewicht zueinander zu halten, so dass keiner von ihnen Europa
dominieren könne. Grossbritannien, Spanien und Italien haben als die Achse
"Blair-Aznar-Berlusconi" (BAB), in der Flexibilisierung des
EU-Arbeitsmarktes zusammen gearbeitet und unterstützen heute die USA im
Irak-Konflikt.


Die USA haben in den Balkankriegen der EU (Europäische Union) -
besonders Frankreich und Deutschland - gezeigt, dass sie die stärkste
Militärmacht sind. Die USA haben durch ihre Strategie der Erweiterung von EU
und NATO (Nordatlantisches Verteidigungsbündnis), und durch das Erlangen
von Einfluss in dem Korridor von Ländern in Osteuropa, sowie in
Zentral- und Ostasien den deutschen, Französischen, russischen und
chinesischen Einfluss verringert.


Die Terrorangriffe des 11. September 2001 haben es den USA ermöglicht
viele dieser Pläne in die Praxis umzusetzen. Der nächste Zug ist nun,
einen Krieg gegen den Irak zu beginnen, um das Ziel der Kontrolle des
gesamten Mittleren Ostens zu erreichen. Aber ein grosser Teil der
Ergebnisse sind abhängig davon, was mit dem Krieg gegen den Irak passiert, und
das macht es notwendig den Blick auf ein anderes Kriegs-Szenario zu
richten. Die USA haben nicht nur ein Szenario des "schnellen Sieges"
umrissen, sondern ebenfalls eines, das "verlängerter Konflikt und schlimme
Ergebnisse" genannt wird.


(Dies wird in Teil 2 behandelt werden)


Oslo, 16. Februar 2003

Sekretariat der Internationalen ArbeiterInnen-Assoziation (IAA)
http://www.iwa-ait.org