Die DGB Gewerkschaften als Bildungsträger - die Folgen: Lohndumping

Die FAU Hamburg kann die folgenden Fakten bestätigen. Kennen wir alles seit
langem. Interessiert aber niemanden. Diese Verquickung und die rechtlichen Konsequenzen sind ähnlich wie bei Beschäftigungsträger-Gesellschaften, an denen der DGB - wie z.B. bei START in Duisburg/NRW - beteiligt ist. Tarifverträge für PSAen aushandeln und dann gleichzeitig Arbeitgeber/Kapitalist sein - ein wirklich gutes Geschäft!

Von Florian Meesmann

Die Gewerkschaften treten oft auch als Bildungsträger auf.

Dort gibt es mancherorts keine Tarifverträge.

Die Folgen: Lohndumping

Treffen auf einem Waldweg irgendwo in Deutschland. Dieser Mann hat für die
Deutschen Angestelltenakademie gearbeitet. Eines der größten deutschen Unternehmen
für Weiterbildung. Kontrolliert durch Funktionäre der Gewerkschaft Verdi. Ein
Arbeitgeber, der für ihn zum Alptraum wurde Mit immer neuen Beschuldigungen
und Drohungen sollte er gezwungen werden, die Kündigung anzunehmen. Irgendwann
verlangte das Gewerkschaftskontrollierte Unternehmen von ihm und anderen sogar
auf Gehalt zu verzichten - ohne Beschäftigungsgarantie.

Aus Angst vor weiteren Repressalien will der Mann nicht erkannt werden.

"Während die Entlassungswelle lief sind etliche Kollegen angesprochen worden,
daß sie auf Honorar weiterarbeiten sollen, auch mich hat man dazu aufgefordert,
man hat es halt über all die Jahre bei der DAA erlebt, daß das üblich ist,
daß die Beschäftigten, zum Teil entlassen und als Honorarkräfte wieder eingestellt
werden."

Vom Arbeitnehmer zur Honorarkraft ohne Rechte. Nach Faktrecherchen kein Einzelfall.
Schon jetzt sind bei der DAA nur etwa 2000 Arbeitnehmer fest angestellt. Ihnen
stehen bundesweit bis zu 6000 Honorarkräfte gegenüber. Tendenz steigend.

Inzwischen wird die Einsparung von jedem dritten Festangestellten diskutiert,
Hunderte wären betroffen.

Dann könnten noch mehr Honorarkräfte beim Gewerkschaftsunternehmen arbeiten.
Flexibel, billig, ohne Kündigungsschutz.

Volker Rieble, Arbeitsrechtler Universität Mannheim

"Die Gewerkschaften sind eigentlich ziemlich schlechte Arbeitgeber. Sie sind
genau diejenigen Arbeitgeber, die sie anderswo kritisieren. Sie meinen aber,
daß sie das aufgrund ihrer besonderen Aufgabe dürfen, die eigenen Mitarbeiter
so schlecht behandeln."

Auf Anfrage teilt die Deutschen Angestelltenakademie per Fax mit, Sie wolle
den Vorwürfen nachgehen: doch es sei nicht vorstellbar "....daß in den Beteiligungsunternehmen
der DAA- Stiftung den Arbeitnehmern Schutzrechte und arbeitsrechtliche Grundsätze
vorenthalten werden.(..)"

Dieser Mann könnte den DAA-Manager in Sachen fragwürdiger Umgang mit Mitarbeitern
auf die Sprünge helfen, auch er hat bei der Deutschen Angestelltenakademie gearbeitet,
doch sein Arbeitgeber war ein rätselhaftes Unternehmen, namens INT.

Er berichtet: In manchen Zweigstellen arbeiten DAA- und INT- Mitarbeiter Seite
an Seite, aber nicht für gleiches Geld.

"Der INT Mitarbeiter bekommt weniger Fahrgeld, arbeitet mehr Stunden, als
sein Kollege in der gleichen Gruppe. Bei der Bezahlung bekommt man das schon
mit, und auch in den Gesprächen gab es Verwunderung, wieso bekommst du weniger,
kann doch gar nicht sein, wir sind doch eine Firma."

Dies belegen auch Fakt vorliegende interne Dokumente. Nach außen tritt die
INT kaum in Erscheinung, doch für Experten ist klar, welchen Zweck das Unternehmen
mit mehreren Hundert Beschäftigten erfüllt.

Stefan Sell, Wirtschaftswissenschaftler

"Die Tatsache, daß die INT eigentlich nur im Binnengeflecht des Unternehmens
auftaucht, spricht dafür, daß sie ein reines Instrument ist zum Senken von
Personalkosten, zum Umgehen von kündigungsschutzrechtlichen Bestimmungen, Befristungen
etc. Es ist hier eine Grauzone, ein Dunkelfeld."

Die Spur der INT führt nach Hamburg in die Zentrale der Deutschen Angestellten
Akademie. Hier hat die DAA- Stiftung Bildung und Beruf ihren Sitz ein konzernähnliches
Geflecht aus DAA und bis zu 19 weiteren Tochter - Firmen, hier ein internes
Organigramm.

Geschätzter Jahresumsatz: eine halbe Milliarde Euro, eines der größten Weiterbildungsunternehmen
Deutschlands. Geführt durch einen dreiköpfigen Vorstand, mehrheitlich VERDI-Funktionäre
- Gerd Herzberg, stellv. VERDI-Bundesvorsitzender, Dorothea Müller VERDI-Bundesvorstandsmitglied
und Rudolf Helfrich, Vorsitzender der DAA- Stiftung. Sie tragen die Verantwortung
für den skandalösen Umgang mit den eigenen Leuten, Rudolf Helfrich ist laut
Wirtschaftsauskunftei ein Gesellschafter der rätselhaften INT.



"Verdi fordert als Gewerkschaft Tariflohnerhöhungen, das unbedingte Einhalten
von tarifvertraglichen Regelungen, aber für das eigene Unternehmen sagt man,
um die Flexibilität auf dem Weiterbildungsmarkt zu haben, müssen wir darauf
verzichten, das sind zwei Dinge, die lassen sich einfach nicht zusammenbringen,
und hier kann man wirklich von einer gehörigen Portion Doppelmoral sprechen."

Und die kennt offenbar kaum Grenzen. Nach Faktrecherchen gibt es für die etwa
2000 regulär Arbeitnehmern in der DAA keinen Tarifvertrag, auch wenn intern
schon lange darüber diskutiert wird.

Nachfrage bei Deutschlands mächtigsten Gewerkschaftsboß, ein Kämpfer
für den Tarifvertrag.

Frage: "Warum gibt es keine Tarifvertrag für die Beschäftigten der Stiftung
Bildung und Beruf?"

Frank Bsirske, Verdi Chef

"Was ist denn die Stiftung Bildung und Beruf?"

Erst gibt sich Bsirske ahnungslos, kurze Zeit später ein Ausweichmanöver.

"Ich habe mit den Betriebsräten geredet, wir streben eine Vereinbarung
zwischen den Betriebsräten und dem Verwaltungsrat der DAA an und die Betriebsräte
haben die Unterstützung von Verdi in diesen Verhandlungen
."

Frank Bsirske orientierungslos, die DAA hat gar keinen Verwaltungsrat, Betriebsvereinbarungen
gibt es längst und für einen richtigen Tarifvertrag müßte VERDI eine fremde
Gewerkschaft ins eigene Haus lassen.

Volker Rieble

"Für die Mitarbeiter von Gewerkschaften wie für die Mitarbeiter von gewerkschaftlichen
Unternehmen und Bildungseinrichtungen gibt es keine Tarifverträge, weil es keine
Gewerkschaft für sie gibt, denn die DGB Gewerkschaften sind ja selbst die Arbeitgeber
und damit praktisch der Gegner. Man kann nicht gleichzeitig bei Tarifverträgen
Arbeitgeber und Gewerkschaft sein.
"

Frage: "Wie könnte man das ändern?"

"Das wäre nur möglich, wenn sich die Gewerkschaftsbeschäftigten in eigenen
und zwar starken Gewerkschaft organisieren.
"

So wäre ein Tarifvertrag möglich, mit einer fremden Gewerkschaft im Haus,
und das könnte Ärger geben. Sowie bei anderen gewerkschaftsnahen Unternehmen,
denn da mischt sich VERDI gerne ein.

Zum Beispiel beim DGB-Berufsfortbildungswerk, einem Konkurrenzunternehmen der
DAA. Sowie hier in Hamburg organisierten VERDI- Funktionäre im vergangenen Jahr Streiks gegen den DGB für höhere Löhne. Ein Streik, der bei der DAA verboten ist, solange es dort keinen Tarifvertrag gibt.

Doppelmoral nach VERDI-Art.


Quelle: ARD-"Fakt"-Sendung vom 10.03.03