Verband BZA fordert niedrigere Löhne - Sorge vor Billigkonkurrenz durch Christliche Gewerkschaften

Von Klaus Wirtgen

Die Tarifverhandlungen der Zeitarbeitsbranche mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund
(DGB) sind ins Stocken geraten. Ein zwischen dem Bundesverband Zeitarbeit Personal-Dienstleistungen
(BZA) und mehreren DGB-Gewerkschaften am 20. Februar vereinbartes Eckpunktepapier
ist von den Arbeitgebern überraschend wieder in Frage gestellt worden. Damit
verzögert sich die Realisierung eines Kernbestandteils des so genannten Hartz-Konzepts,
bisherige Hemmnisse im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz abzubauen und die Zahl
der Arbeitslosen durch Zeitarbeitsverhältnisse maßgeblich zu reduzieren.

Grund für die neuen Differenzen ist, wie die Berliner Zeitung erfuhr, die
Sorge des Verbandes vor billigerer Konkurrenz. Im Verband sind unter anderem
die Marktführer Randstadt, Adecco, DIS und Manpower organisiert.

Tariffähigkeit umstritten

Vor allem kleinere Zeitarbeitsfirmen haben in den letzten Wochen mit den Christlichen
Gewerkschaften Tarifverträge abgeschlossen, die dem Vernehmen nach um bis zu
50 Prozent unter den Ansätzen des Eckpunktepapiers von DGB und BZA liegen. Dort
war die stufenweise Annäherung der Zeitarbeitslöhne an die Bezahlung der fest
angestellten Kollegen im Entleihbetrieb (equal pay) vereinbart worden. Die Bundesregierung
hatte durch Gesetzesänderung durchgesetzt, daß equal pay nach dem Vorbild
der meisten europäischen Länder vom April 2004 gelten soll - es sei denn, per
Tarifvertrag werden niedrigere Löhne vereinbart. Zahlreiche Firmen hätten, wie
es in der Branche hieß, bereits ihre BZA - Mitgliedschaft gekündigt. Weitere
Abwanderungen seien zu befürchten.

Bislang umstritten ist jedoch unter Arbeitsrechtlern, ob die kleinen Christlichen
Gewerkschaften überhaupt tariffähig sind und über ihre Niedriglohn-Kontrakte
die noch geltenden strengen gesetzlichen Auflagen für Zeitarbeit aushebeln können.
Neben der wirtschaftlichen Unabhängigkeit von der Arbeitgeberseite erfordert
die Tariffähigkeit nach geltender Rechtsprechung vor allem Verhandlungsmacht.
Nur wer starken wirtschaftlichen Druck auf die Gegenseite ausüben könne, das
heißt auch mit Streik und Boykott wirksam drohen könne, erfülle diese Bedingung.
Der enorme Abstand der CGB-Löhne zum gesetzlich vorgeschrie-ben equal pay legt
nach Auffassung von Experten den Verdacht nahe, daß es mit der Ver-handlungsmacht
dieser kleinen Gewerkschaften nicht weit her sein könne.

Noch haben die BZA-Mitgliedsfirmen jedoch die Hoffnung nicht aufgegeben, mit
dem DGB noch eine Lösung zu finden - zu niedrigeren Konditionen als im Eckpunktepapier
vorgese-hen. Ein Punkt ist ein geringerer Anstieg des in den ersten sechs Monaten
vereinbarten Min-destlohnes, der bei 6,85 € liegen soll und je nach Qualifikation
steigt. Zudem streben die Firmen eine Reduzierung der Löhne für die zweiten
sechs Monate der Verleihdauer an.

Wie zu hören war, lassen die Verhandlungsführer des BZA die Kontakte zu den
DGB-Gewerkschaften jedoch nicht abreißen. Noch sei ein Branchentarifvertrag
angestrebt.

(Berliner Zeitung, 9.3.03)