Erste PSA in Frankfurt/Main?
Mehr Schwung auf dem Arbeitsmarkt durch Personal-Service-Agenturen - das erhofft sich zumindest die Bundesanstalt für Arbeit von diesem Kernstück des Hartz-Konzepts. Bleibt abzuwarten, inwieweit Betroffene und Beitragszahler davon profitieren.
Die neuen Agenturen sollen Arbeitslose als Zeitpersonal in Betriebe vermitteln. Bis Mitte 2003 soll es in jedem Arbeitsamtsbezirk mindestens eine Personal-Service-Agentur geben.
PLUSMINUS hat nachgehakt, welche Folgen diese Erfindung für Erwerbslose und Personaldienstleister hat.
Einen Spitznamen hat das Landesarbeitsamt Hessen, wo das Konzept für die Agenturen ausgetüftelt wurde, schon weg: "Lass andere arbeiten". Die Hauptrolle spielt bei der Personal-Service-Agentur Wilhelm Schickler. Er gilt als Erfinder des Modells.
Praxistest in Frankfurt
Im Arbeitsamt Fischerfeldstraße in Frankfurt gibt es bereits so etwas Ähnliches
wie eine Personall-Service-Agentur. Taugt sie tatsächlich dazu, die Zahl der
Arbeitslosen deutlich nach unten zu drücken und zusammen mit den anderen Hartz-Vorschlägen
bundesweit sechs Milliarden Euro einzusparen?
PLUSMINUS wollte wissen, wie die Agentur funktioniert und was sich dadurch
für Arbeitslose ändert.
Erste Überraschung: Wer zur Agentur will, muss mühsam danach suchen, denn Hinweise
dazu gibt es am Schalter nicht. Trotz der Aufklärungskampagne in den letzten
Wochen haben nur wenige Besucher eine genaue Vorstellung von der neuen Agentur.
Wie funktioniert das Zusammenspiel zwischen Arbeitslosen, Agentur, Arbeitsamt
und Firmen - vor allem, wenn die Agentur so schwer zu finden ist?
Nur ausgewählte Arbeitslose dürfen zur PSA
Offenbar will das Arbeitsamt selbst entscheiden, wen es zur Agentur schickt.
Am liebsten Erwerbslose mit guten Vermittlungschancen. Nur so wird die Agentur
zur Erfolgsstory.
Die Argumente dazu liefert Sabine Schultheiss vom Arbeitsamt Frankfurt:
"Diesem Personenkreis biete ich bzw. meine Kollegen in der Vermittlung dieses
Projekt 'vermittlungsorientierte Arbeitnehmerüberlassung' an und stelle den
Kontakt zu dem Träger her, indem ich einfach die Leute mittels eines Formschreibens
zuweise und auch noch persönlich im Regelfall Kontakt mit dem Träger, der Firma
Consult, aufnehme."
Fassen wir mal zusammen:
Das Arbeitsamt schickt speziell ausgesuchte Bewerber zu einem Personaldienstleister,
der eine Personal-Service-Agentur betreibt. Der stellt die Arbeitslosen ein,
statt Arbeitslosengeld bekommen sie Lohn - in diesem Jahr noch nach den Zeitarbeit-Tarifen.
Der Personaldienstleister verleiht sie an die Betriebe. Erst ab 2004 verdienen
die Leiharbeiter bei einem Einsatz genau soviel wie ihre Kollegen im Entleihbetrieb,
mit denen sie zusammen arbeiten.
Lohnt sich das für die Personaldienstleister?
Wir fahren zu Consult, einem Personaldienstleister, der Arbeitslose einstellt.
Dafür gibt es eine "Kopfgeld-Prämie" vom Arbeitsamt. Mehrere Hundert Euro pro
Monat, Geld, das die Arbeitsämter aus ihrem Weiterbildungstopf abzweigen müssen:
Für die Arbeitsverwaltung ist klar:
Das wirtschaftliche Risiko, ob die Entleihe funktioniert oder nicht, trägt der
Personaldienstleister. Dazu
Wilhelm Schickler, Landesarbeitsamt Hessen:
"Sie sehen, wenn er in seiner PSA häufiger verliehen wird als der Kalkulation
zu Grunde liegt, dann macht er ein Defizit. Das wird zu erheblichen Aktivitäten
innerhalb der PSA führen. Denn wir sind der Auffassung, das jede PSA ein wirtschaftliches
Risiko tragen muss."
Risiko PSA auch für Arbeitslose
Ein entscheidendes Risiko tragen aber auch die Erwerbslosen. Als Beschäftigte
der Service-Agenturen fallen sie zwar raus aus der Arbeitslosen-Statistik, stehen
mitunter aber trotzdem ohne Job da. Die Beschäftigungschancen im sogenannten
Niedriglohnsektor sind am größten.
Vera Reimann, Consult GmbH:
"Acht Euro bekommen die Menschen dann, wenn sie im Einsatz sind, d.h., wenn
sie einen Arbeitseinsatz haben. Wenn sie nicht arbeiten, liegt es auch darunter."
Peter Haller, All-Service GmbH:
"Unser Problem ist eigentlich, dass wir im Niedriglohnsektor tätig sind.
Wir haben also extrem niedrige Löhne, so dass die Eintrittshemmnisse für die
Bewerber also doch sehr hoch sind und wir über solche Einrichtungen wie Consult
den Weg freigemacht bekommen zum Arbeitsmarkt, insbesondere in diesen Niedriglohnsektor
rein."
Konsequenzen
Wer das Job-Angebot der Service-Agentur ablehnt, riskiert Sperrzeiten. Und genau
darauf spekuliert man in Nürnberg, um Geld zu sparen.
Wilhelm Schickler, Landesarbeitsamt Hessen:
"Wer unberechtigt eine Arbeit nicht antritt oder eine Arbeit beendet, der hat
die gesetzlichen Sanktionen zu befürchten, das heißt: Einschränkungen beim Arbeitslosengeld."
Fragezeichen
Trotz aller Vorschusslorbeeren für die PSA zeigt die Praxis bei der All-Service
GmbH, dass bisher etwa die Hälfte der Ex-Arbeitslosen, die Consult angeboten
hatte, wieder zurückgeschickt wurden. Die sind zum Teil dann wieder beim Arbeitsamt
und damit auch in der Statistik gelandet. Und dennoch meint Wilhelm Schickler
vom Landesarbeitsamt Hessen:
"Es wird kein Flopp, es wird ein Erfolg. Ich glaube, wir werden in diesem
Jahr mindestens 50.000 Arbeitslose integrieren können - Personal-Service-Agenturen
machen Sinn."
Bleibt abzuwarten, inwieweit Betroffene und Beitragszahler wirklich davon profitieren.
Dieser Text gibt den Inhalt des Beitrags der Sendung [plusminus vom 07.01.2003]
wieder.
Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.
Quelle: Saarländischer Rundfunk
http://www.sr-online.de