Bericht von McDonald's ArbeiterInnen zur internationalen Aktion am 16. Oktober
"Wir wollen nicht einen Teil unserer Leben darauf verschwenden, idiotisch dem Reichtum hinterherzurennen, was doch nur denen zugute kommt, die sowieso schon genug haben."- Glasgow
"Alle reden davon, wie sehr sie ihre Arbeit hassen, wir wollten das in Aktion umsetzen."- Reading
Es ist drei Uhr morgens, Mittwoch der 16. Oktober, einige müde und leicht angetrunkene GlasgowerInnen versuchen im McDonalds-Restaurant zu randalieren. Eigentlich nicht erwähnenswert, wenn es nicht Angestellte von McDonalds wären und wenn nicht zur selben Zeit am anderen Ende der Welt, in Neuseeland ein Streikversuch gemacht und in Australien Flugblätter an McDonalds ArbeiterInnen weitergereicht werden würden.
In Mailand, sind die Strassen fünf Stunden später mit hunderten UnterstützerInnen und Fast-Food-Angestellten gefüllt; während in Frankfurt zehn Busladungen PolizistInnen im strömenden Regen bemühen, die Kommunikation zwischen der Freien ArbeiterInnen Union (FAU) und den Angestellten der "goldenen Bögen" zu ver- oder zumindest zu behindern. McDonalds Angestellte in der ganzen Welt greifen zu direkten und solidarischen Aktionen, es ist der INTERNATIONALE McSTREIK!!
Dies ist ein Versuch, einen Eindruck der Ereignisse des 16. Oktober aus der Perspektive von Arbeitern zu geben. Es ist schwierig zu entscheiden, womit mensch anfangen soll, da soviel passierte - Teile der McD-Belegschaft starteten einen unerwarteten Angriff auf Ausbeutung und Langeweile.
- Sechs McDonald's-Belegschaften in Frankreich, organisiert in der CNT, streiken. - Zeitweiliger Arbeitsstopp in Moskau. - Streik in Norfolk. - Streikversuch in Neuseeland. - Streikversuche in drei Londoner Läden. - Verlassen des Arbeitsplatzes in Nottingham. - Demonstration in Mexiko, die leider 94 Verhaftungen zur Folge hatte. - Eine Masse direkter Aktionen und Sabotage. - Aktionen, Angestellte zum Widerstand zu ermutigen, von Schweden bis Sydney. - Klassenkampf von Aberdeen bis Adelaide, von Mailand bis Malmö. - All dies berichtet in einer speziellen Tagessendung im slovenischen Radio.
Einige Einschränkungen: dies wurde in der Aufregung des 17. Oktober geschrieben, bevor wir alle Berichte hatten; wir müssen uns oft auf Berichte aus zweiter Hand verlassen, ohne alle Geschichten nachprüfen zu koennen; dieser Text beschäftigt sich nicht mit den generellen Anti-McDonald's-Protesten - das heißt nicht, dass wir diese nicht unterstützten wollen, sondern dasz wir uns auf direkte Aktionen der McDonalds Angestellten und deren UnterstützerInnen konzentrieren wollen; es ist kein Versuch, einen kompletten Überblick der Aktionen am 16. Oktober zu geben ...
Es begann schon vor dem 16. Oktober. Es gab Kampagnen von Angestellte/n dreier Läden in London mit Aufklebern und Graffities, um für ihre Aktionen zu werben. In Frankreich gab es am Wochenende einige Aktionen von Mitgliedern der CNT-AIT, die damit ihre Tradition der Solidarität mit den McDonalds-ArbeiterInnen innerhalb und ausserhalb der Restaurants fortsetzten. Dann, am Morgen des 15. Oktober, begaben sich Personal und frühe KundeInnen zum Laden in Reading, England, an dem sie "geschlossen wegen Streik, 16. Oktober, mwr.org.uk. (McDonalds Workers Resistance) gesprüht fanden.
Einige ArbeiterInnen, die am 16. nicht zur Arbeit erschienen, sabotierten die Restaurants in der Nacht zuvor. In England veränderte das Personal die Einstellung der Lebensmittellagermikrowelle und setzten alle Zeiteinstellungen der Grillmaschinen zurück, stahlen alle Schlüssel der Überwachungsvideos, stellten alle Uhren zurück, verschlossen die Kassenschlösser mit Superkleber! In Dallas, USA, versteckten sie unterdessen wichtige Arbeitsmaterialien und tauten das Essen im Lager auf.
Am Morgen des 16. Oktober erreichte eine einzelne Chrysantheme das McDonald's-Hauptquartier in London - "Die Chrysantheme war das Symbol der ungarischen Revolution, die am 16. Oktober 1918 begann. Wir schickten sie als ein Zeichen unserer Absicht, eine Welt zu schaffen, die Menschen wichtiger nimmt als Profite. Aber die Chrysantheme ist gleichzeitig ein Symbol des Todes; wir schickten sie als Vorbote der dem McDonald's-Empire und aller Lohnarbeit inne wohnenden Zerstörung - weder brauchen wir es, noch wollen wir es. In unseren Herzen reift eine neue Welt und wir machen unsere ersten zaghaften Schritte auf diese zu." ArbeiterInnen in den Midlands gingen noch einen Schritt weiter: sie sendeten 57 Chrysanthemen zum Hauptbüro in Chicago - jede für eineN ArbeiterIn in dem Laden.
Chicago mag im Herzen der Bestie liegen, aber der Widerstand verbreitete sich dort ebenso - das "Chicago Corps of the paramilitary front for the liberation of McDonalds Workers" genoß während der Arbeit Alkohol in Mengen. Dies ist nur ein Beispiel der vielen Sabotageakte, die auf der ganzen Welt stattfanden. In Dublin plünderten sie die Kasse um einen drauf zu machen. In Birmingham gab es einen Mach-langsam-Tag, der das Unternehmen mehrere hundert Pfund der Tageseinnahmen kostete. Die Nachtschicht in Nottingham meldete sich krank und es wurde von mehreren Vorfällen in Northampton berichtet, drei-Stunden-Pausen, Verlassen des Arbeitsplatzes, vorgetäuschte Krankheiten und Trunkenheit im Dienst eingeschlossen. In Adelaide schlitzte das Personal alle Milchshake Mixer auf und in Manchester zementierten sie die Toiletten.
In Glasgow und Toronto gab es massenhaft Arbeitsniederlegungen, die Angestellten stürmten in Gruppen die Läden, warfen ihre Uniformen auf den Ladentisch, während einer von ihnen auf einem Stuhl stehend eine Rede an Personal und Kundschaft hielt, in der die Arbeitsbedingungen kritisiert wurden und behauptet wurde, daß "das Essen in jedem Fall verdorben" sei. In London, Stirling und Dundee verteilten ArbeiterInnen, des "McDonald's ArbeiterInnen Widerstands" Flugblätter an den Arbeitsplätzen ihrer Kollegen, um Neuigkeiten des Streiks zu verbreiten. Im Gebiet von Derbyshire wurden ebenfalls Flugblätter ausgelegt. Einige Liverpooler Arbeiterinnen bestanden darauf, während der Arbeit Make-up zu tragen, was laut Unternehmenspolitik verboten ist - "Wir hassen es wirklich, kein Make-up tragen zu duerfen, besonders weil wir's oft mit irgendwelchen besoffenen Machos zu tun haben und von dem Arbeitsplatz bei McD Pickel kriegen". ArbeiterInnen meldeten sich telefonisch krank in Stirling, Kent, Kopenhagen, Sheffield, Newcastle und Madrid. "Emanzipation von der Fast-Food-Nation und ein Ende der rassistischen Ausbeutung, derselbe Mist seit Jahrhunderten, schwarze Menschen, gezwungen zu arbeiten für Sklavenlöhne - MILF" - ein Graffiti in einem McDonalds.
"Wir sind drei Sklaven von McDonalds in Madrid. Heute nicht! Heute hören wir Musik!"
"McAnarchy regiert. Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert" - England
Dann gab es da noch die Streiks. In sechs Pariser McDonalds, von der CNT Frankreich "kontrolliert", streikten die Angstellten wegen spezieller Forderungen, die sich auf Vollzeitbeschäftigung und standardisierte Löhne beziehen. Sie versammelten sich um 10.00 Uhr am "Brunnen der Unschuldigen", um 15.00 Uhr trafen sie mit McDonald's Vertretern zusammen und arrangierten ein öffentliches Treffen am Abend. In Norfolk legte ein Streik das Restaurant den ganzen Tag durch Streikposten lahm. Einmal kam ein Manager, der sich weinerlich erkundigte: "Warum tut ihr das?", "Lesen Sie das Flugblatt.", "Ich werde das nicht lesen!", brauste er auf und zerriß es. Als das McDonald's-Hauptquartier gefragt wurde, warum der Laden de facto ohne Personal sei, antworteten sie, "einige traurige Individuen wollen McDonalds in den Ruin treiben". Es kamen auch ermutigende Neuigkeiten aus Moskau. Soweit wir am Telefon verstanden, hatten sie mit einem "freundlichen" Manager verhandelt, um die Erlaubnis zu erhalten, die Arbeit für einige Zeit niederzulegen, ohne davon Nachteile zu haben. Obwohl es sprachliche Probleme gab, war das Gefühl der internationalen Solidarität erstaunlich.
Fantastisch waren die Solidaritätsaktionen auf der ganzen Welt. Die Industriellen Arbeiter der Welt (IWW) verbreiteten Flugblätter in einigen australischen Städten - "Wenigstens konnten wir die KollegInnen informieren und das Management, das versuchte zu rekonstruieren, wo diese Schriften herkamen, verwirren. Die Freie ArbeiterInnen Union (FAU) informierte Angestellte in deutschen McDonald's Filialen, sie gingen in die MitarbeiterInnenbereiche, spannten Transparente und hielten Reden. Die Anarchistisch-Syndikalistische Förderation in Belfast berichtete, das die meisten ArbeiterInnen den Streik für einen guten Witz hielten. "Wir säten in dem beiden größten Mcdonald's Samen des Widerstands." In Schottland wurden alle Restaurants mit Infomaterialien versorgt und in Aberdeen gab es einen Streikposten. Die schwedische Autonomt Motstand verbreiteten die Neuigkeiten mittels Flugblättern und Graffitis. Weitere Soliaktionen gab es in Lancaster, London, Bratislava und Bristol. In italienischen Städten gab es ebenfalls verschiedene Aktionen; in Mailand kulminierte der Protest in einer McDonald's Blockade, untermalt von Musik und Solidaritätsgrüßen aus Großbritannien. Im Verlauf des Tages wurden die Ereignisse von einer speziellen Tagessendung im slovenischen Radio mit Interviews und Anti-McDonalds Liedern begleitet.
"Der kürzeste Streik der Welt. Vielleicht ein Rekord. Aber ihr sollt wissen, daß ihr Freunde in Aetearoa habt." - Neuseeland
"Es gibt eine junge Generation von ArbeiterInnen, die nicht mehr hinnehmen wollen, was ihre Vorgänger noch hinnahmen." - London
All dies ist nicht genug! Der 16. Oktober war kein Endpunkt. Sinn und Zweck war es, das Selbstbewusztsein und die Faehigkeit der Angestellten, die Bereiche ihres Lebens selbst zu bestimmen, zu stärken. Wir riefen zur Aktion, um das Recht auf Organisierung einzufordern - was wir machten ist eine Demonstration, um ihnen zu zeigen, dasz sie uns an der Organisierung nicht hindern koennen und dasz wir keine Erlaubnis dafuer brauchen. Der 16. Oktober war ein kleiner Guerilla-Angriff, der einen Schatten auf das Image von Unbezwingbarkeit warf und unsere Widerstandsnetze erregte und anregte. Aber die Zukunft ist fuer konkrete Plaene zu ungewisz, alles steht noch zur Debatte. Wir wollen eine ernsthafte Analyse machen, wo wir heute stehen und wo wir hingehen werden. Wir koennen uns international organisieren, also was werden wir tun?
MWR ist ein Teil davon. Und bitte unterstuetzt die McD.ArbeiterInnen auf die wichtigste Art und Weise - stellt sicher, dasz dieser Kampf ein Teil des Alltagslebens wird, dort wo DU lebst un arbeitest!
info@mwr.org.uk
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