Unsoziale Zustände in der Behindertenhilfe
Klage beim Arbeitsgericht gegen den Vorstand der Lebenshilfe Frankfurt e.V. wegen Diskriminierung von MitarbeiterInnen und ungerechtfertigter Kündigung.
Frankfurt am Main, 18. September 2015: Minijobber der Lebenshilfe Frankfurt e.V. haben ihren Vorstand und Geschäftsführer Volker Liedtke-Bösl verklagt. Aus Sicht der Mitarbeiter hat die Lebenshilfe Frankfurt diese hinsichtlich der Bezahlung und Krankheitsregelungen mit Beteiligung des Betriebsrats gegenüber den Vollzeitbeschäftigten seit mehreren Jahren diskriminiert. Einer der Kläger wurde jetzt gekündigt.
Die Betroffenen vermuten dahinter sein aktives gewerkschaftliches Eintreten für bessere Arbeitsbedingungen. Dieses ist aber durch die Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Grundgesetz geschützt. Deswegen wurde jetzt auch eine Kündigungsschutzklage eingereicht.
Seitdem von den Beschäftigten im Sommer 2014 die Forderung nach besserer Bezahlung und Gleichstellung erhoben wurde, reagierten Geschäftsführung und die zuständige Bereichsleitung mit Maßnahmen, die die KollegInnen nicht erwartet hätten: Einseitige Arbeitsvertragsänderungen, das Verbot über gewerkschaftliche Themen während der Arbeitszeit zu reden, Lohnzurückhaltung für längst geleistete Arbeitszeit und Kommunikationseinschränkungen unter MitarbeiterInnen. Zustände die man andernorts vermuten würde, aber nicht in einem gemeinnützigen sozialen Verein wie der Lebenshilfe Frankfurt am Main e.V.
Mitarbeiter Dennis L.*: In unserer Arbeit mit den KlientInnen standen und stehen wir voll hinter den sozialen Zielen und Tätigkeiten der Lebenshilfe. Dass der amtierende Vorstand und Geschäftsführer seinen MitarbeiterInnen gegenüber jedoch so unsozial auftritt, ist ein Problem, dass sich auf das gesamte Arbeitsklima auswirkt. Kommunikationsverbote in einem sozialen Betrieb, wie bei uns? Was soll das?
Die Kündigung des Gewerkschaftskollegen trotz Betreuungsbedarfs ist für die Betroffenen der traurige Tiefpunkt im Betrieb.
Mitarbeiterin Nina K.: Was mich stutzig macht, ist, dass wir ständig Bedarf an männlichen Kollegen haben. Dann gibt es dort einen erfahrenen und guten Mitarbeiter, der nach seiner Klage gegen den Arbeitgeber plötzlich nicht mehr eingesetzt werden darf. Und auf der anderen Seite gibt es Familien, die fest mit einer Betreuung gerechnet haben und dann zusehen müssen, wie sie an ihrem Arbeitstag plötzlich eine Betreuung für ihr Kind organisiert bekommen.
Die KollegInnen halten weiter an ihrer Forderung nach einem Ende der Diskriminierung fest und fordern neben der gerechten Bezahlung die sofortige Wiedereinstellung ihres Kollegen.
Mitarbeiter Nico H.: Der Kollege gehört wieder eingestellt. Die Maßnahmen gegen uns müssen aufgehoben werden. Was ist das für ein Zeichen, dass jemand augenscheinlich bei Ausübung seiner grundgesetzlichen Rechte der Koalitionsfreiheit gefeuert wird?
* Die Namen der MitarbeiterInnen sind hier wegen Befürchtungen über Sanktionen im Betrieb anonymisiert wiedergegeben.