Die Krise ist in Deutschland angekommen. Irrelevante Gerichtsentscheidungen, brutale Polizeigewalt und Kriminalisierung gefährden Grundrecht
Das brutale und eigenmächtige Verhalten der Polizeibehörden gegen die Blockupy-Demonstration am Samstag, den 1.6.2013 hat vor allem eines gezeigt: Die Krise ist in Deutschland angekommen. Während Demokratiebewegungen in anderen Ländern von politischer Seite begrüßt werden, ist von Gewaltenteilung in Deutschland immer weniger zu spüren. Missliebige Meinungen sollen unterbunden werden.
Mit äußerst brutaler Gewalt verhinderte die Polizei, offensichtlich auf Anordnung des Hessischen Innenministeriums, eine zuvor durch die Verwaltungsgerichte genehmigte Demonstration des Blockupy-Krisenbündnisses in der Frankfurter Innenstadt.
Kurz nach Demonstrationsbeginn wurde der vordere Teil des Protestzuges durch bereits wartende und aus einem Gebäude stürmende PolizistInnen überfallen und eingekesselt. Die Geschwindigkeit mit der die Polizei agierte, der für sie strategisch günstige Ort und die im Verlauf des Tages wechselnden und skurrilen Begründungen für den Überfall, lassen auf ein bereits im Vorfeld geplantes Vorhaben schließen.
Der Versuch, die angeblich durch Sonnenbrillen und Regenschirme als gewalttätig zu identifizierenden 1.000 DemonstrantInnen zu isolieren und den Rest der Demonstration auf die ursprüngliche Wunschroute der Frankfurter Polizeibehörden umzuleiten, missglückte.
Die restlichen ca. 17.000 Demonstrierenden solidarisierten sich und blieben.
Die folgenden 9,5 Stunden waren durch Gewaltexzesse der Polizei geprägt: Pfeffersprayorgien, Tonfaeinsätze und Faustschläge von militärisch anmutenden Schlägertrupps in unverhältnismäßiger Überzahl prägten das Bild hiesiger Demokratie.
"Bei der Kesselauflösung wurde ich einmal gefragt, ob ich freiwillig gehe, als ich den Kopf schüttelte, hatte ich zweimal eine Faust im Gesicht." - so ein Demonstrationsteilnehmer.
Insbesondere bei den Pfeffersprayeinsätzen handelte es sich nicht um vereinzelte Einsätze, wie in den polizeilichen Stellungnahmen zu lesen war. Immer wieder bekamen Menschen aus nächster Nähe die ätzende Substanz in großen Mengen von teilweise vermummten PolizistInnen in das Gesicht gesprüht. Wir erinnern an dieser Stelle daran, dass im letzten Jahr im Verlauf der M31-Proteste ein Polizist die gleiche Substanz in die Augen bekam. Dies nahm das hessische Innenministerium damals zum Anlass, versuchten Totschlag zu unterstellen.
Über 200, zum Teil schwer Verletzte, unzählige Augenspülungen, in der Menge ohnmächtig Zusammengesackte und Knochenbrüche sind nur eine Bilanz des Tages.
Die andere Bilanz wirft die Schatten der Totalisierung voraus. Staatsbehörden, die, wie schon im Fall der NSU-Morde, unkontrolliert und losgelöst von der Legislative agieren und eine maßgeblich aus Deutschland betriebene autoritäre Krisenlösungspolitik sind Teil davon.
Die Angst der ewigen KapitalismusverteidigerInnen vor wachsender Kapitalismuskritik muss immens sein, wenn sie angesichts einer Demonstration bereit sind, das Recht auf freie Meinungsäußerung in derart skandalöser Weise zu untergraben.
Wir fordern die bedingungslose Aufklärung der Vorfälle.
Der menschenverachtende Einsatz darf nicht nur ein politisches Nachspiel haben, die Verantwortlichen müssen persönlich zur Rechenschaft gezogen werden.
FAU Frankfurt, 2.6.2013