Gedenkveranstaltung an das spanische Exil in Frankreich

Am 6. und 7. Februar 2009 fanden in Paris eine Reihe von Veranstaltungen unter dem Motto "Hommage an das spanische Exil" statt. Mehrere hundert Menschen gedachten dabei dem Kampf der nach Frankreich geflüchteten SpanierInnen gegen den europäischen Faschismus. Ein Höhepunkt waren die Kranzniederlegungen am Mahnmal für die im KZ Mauthausen Ermordeten sowie für die SpanierInnen, die im Kampf um die Befreiung Frankreichs vom deutschen Faschismus gefallen sind. An den Veranstaltungen nahmen auch rund 30 deutsche Anarcho-SyndikalistInnen aus zehn Städten teil.

Die Veranstaltungsreihe wurde organisiert von der Région Parisienne der französischen Gewerkschaft CNT-F und der Auslandsregion der spanischen CNT. Sie startete am Freitag, den 6. Februar mit einer Ausstellung über die spanischen Republikaner. Ebenfalls am Freitag fand dort im völlig überfüllten Veranstaltungsraum der Rue des Vignoles eine Diskussionsveranstaltung über die Deportationen in das KZ Mauthausen und über die herausragende Rolle der SpanierInnen in der französischen Resistance statt. Dieses Thema wird in Frankreich weitgehend tabuisiert. Man lässt sich dort nicht gerne daran erinnern, dass es spanische Freiwillige waren, die Ende August 1944 als erste das befreite Paris erreichten und die ihre Schützenpanzer und LKWs mit den Namen bekannter spanischer Anarcho-Syndikalisten und Schauplätze aus dem spanischen Bürgerkrieg bemalt hatten. Noch weniger möchte man in Frankreich daran erinnert werden, dass hunderttausende Männer, Frauen und Kinder auf der Flucht vor dem faschistischen Franco-Regime in französische Internierungslager gesteckt wurden, wo viele von ihnen eine leichte Beute der deutschen Besatzer wurden.

Am Samstag, den 7. Februar, nahmen bis zu 200 Menschen mitten in dichtem Schneetreiben an einer Gedenkveranstaltung auf dem Friedhof Père Lachaise teil. Am Mahnmal für die mehr als 12.000 ins KZ Mauthausen verschleppten Franzosen erinnerte ein Vertreter der anarcho-syndikalistischen Gewerkschaft FAU-IAA aus Deutschland daran, dass die Nazis auch mehr als 7.500 Spanier in diese Hölle getrieben haben. Über 4.200 von ihnen, darunter viele Anarcho-Syndikalisten starben in diesem KZ. Die Überlebenden begrüßten die amerikanischen Truppen, die im Frühjahr 1945 in Mauthausen einrückten, mit einem riesigen Spruchband auf dem zu lesen war "Los Españoles antifascitas saludan a las Fuerzas Liberadoras" - Die antifaschistischen Spanier grüßen die Befreier." Vor dem in unmittelbarer Nähe liegenden Gedenkstein für die im Kampf um die Befreiung Frankreichs gefallenen SpanierInnen, schilderte ein überlebender Genosse mit bewegter Stimme seine Erinnerungen aus "einer Hölle, die nicht einmal Dante sich ausmalen konnte".



Am Samstagabend fand eine weitere gutbesuchte Veranstaltung statt, deren Thema der Kampf der CNT im Exil nach 1939 war.

Für die aus Deutschland angereisten Anarcho-SyndikalistInnen war das Wochenende in Paris auch eine - vielleicht letzte - Gelegenheit sich bei den GenossInnen der spanischen CNT im Exil zu bedanken. Die hatten nämlich eine nicht unbedeutende Rolle gespielt, als sich Mitte der 70er Jahre junge ArbeiterInnen aus Deutschland für Betriebskämpfe abseits stalinistischer K-Gruppen und reformistischer Gewerkschafts- und Betriebsratsmeierei zu interessieren begannen. Der dabei entstandene Dialog mit spanischen GenossInnen in Frankreich und der BRD führte schließelich, neben anderen, zur Gründung der FAU im Jahre 1977.

In den letzten Jahren sind viele Militante des spansichen Exils in hohem Alter gestorben. Die, die noch konnten, sind mit durch die verschneiten Straßen von Paris gezogen. Ihnen ganz besonders galt das Zitat von Buenaventura Durruti auf dem Transparent der FAU: "Nous portons un monde nouveau dans nos cœurs - Wir tragen eine neue Welt in unseren Herzen".

Die Ansprache am Mauthausen-Mahnmal

Wir haben uns heute hier vor dem Ehrenmal für die Menschen versammelt, die durch die Hölle des Konzentrationslagers von Mauthausen gegangen sind und von denen viele zehntausende dort ermordet wurden.

Die Nazi-Barbarei war nicht zuletzt der Versuch des deutschen Kapitals, der letzten großen Weltwirtschaftskrise durch einen mörderischen Raubzug zu entkommen. Das erste Opfer des Faschismus war deshalb das organisierte Proletariat in Deutschland selbst und besonders dessen kämpferischste Teile, wie etwa die revolutionären Syndikalisten der "Freien Arbeiter Union Deutschlands".

Wenn heute ein revolutionärer Syndikalist aus Deutschland hier diese Ansprache hält, ist das auch ein Dank dafür, dass es nicht zuletzt der französische und der spanische Widerstand gegen den deutschen Faschismus war, der dafür gesorgt hat, dass wir uns heute an diesem Mahnmal versammeln können.

Mauthausen nimmt unter all den Lagern der Vernichtungsmaschine der Nazis eine ganz besondere Rolle ein. Es sticht nicht in erster Linie durch den industriell betriebenen millionenfachen Massenmord an der jüdischen Bevölkerung Europas hervor wie Auschwitz oder Sobibor. Mauthausen mit all seinem Schrecken war stattdessen ein Schmelztiegel all dessen, wogegen sich der Vernichtungswille der Nazi-Barbarei richtete. In Mauthausen schleppten sich deutsche Antifaschisten die Treppe zum Steinbruch hinauf, zusammen mit jüdischen Menschen, russischen Kriegsgefangenen, jugoslawischen Partisanen. Mehr als 200.000 Menschen aus 30 Ländern gingen durch dieses Inferno aus Mord und Vernichtung.

Unter all den Menschen, die von den Nazis in Mauthausen ermordet wurden, wollen wir uns heute einer Gruppe ganz besonders erinnern. Nicht um sie gegenüber ihren Leidensgenossen hervorzuheben, sondern weil heute ein Tag ist, der in besonderer Weise ihrem Andenken gewidmet ist. Ich will von den mehr als 7.500 Spaniern sprechen, die ab 1940 nach Mauthausen verschleppt wurden und von denen mindestens 4.200 in den Steinbrüchen der infamen "Vernichtung durch Arbeit" anheim fielen.

Die meisten der spanischen Gefangenen in Mauthausen sind durch die Hölle nicht nur von einem sondern von gleich zwei Lagersystemen gegangen. Sie hatten gehofft, auf ihrer Flucht vor dem spanischem Franquismus und dessen deutschen und italienischern Helfershelfern eine sichere Zuflucht in Frankreich zu finden. Sie wurden bitter enttäuscht.

Hunderttausende spanischer Antifaschisten, unter ihnen viele revolutionäre Syndikalisten, wurden in den Lagern wie Argelès-sur-Me und anderen unter unmenschlichen Bedingungen interniert. Nach dem Überfall Nazideutschlands auf Frankreich wurden viele von ihnen auf diese Weise eine leichte Beute für den mörderischen Rachedurst des deutschen Faschismus.

Diejenigen, die nicht in den Steinbrüchen von Mauthausen tot zusammenbrachen, die nicht in der Gaskammer verreckten, in den Baracken verhungerten oder an Typhus und anderen Krankheiten zugrunde gingen, haben uns nachfolgenden Generationen aber auch eines gezeigt: Dem europäischen Faschismus und seinen Finanziers in den Chefetagen des Kapitals ist es nicht gelungen, das organisierte Proletariat zu zerbrechen. Als am 5. Mai 1945 Mauthausen durch amerikanischen Truppen befreit wurde, sahen diese schon von weitem ein riesiges Transparent mit der Aufschrift "Los Españoles antifascitas saludan a las Fuerzas Liberadoras" - Die antifaschistischen Spanier grüßen die Befreier.

Dieser mutigen Antifaschistischen und all der anderen ungezählten Opfer der barbarischen nazistischen Vernichtungsmaschine wollen wir uns heute erinnern, indem wir uns den Schwur der Gefangenen von Mauthausen in Erinnerung rufen, der bis heute uneingelöst geblieben ist:

"Im Gedenken an das vergossene Blut aller Völker, im Gedenken an die Millionen, durch den Nazifaschismus ermordeten Brüder geloben wir, daß wir diesen Weg nie verlassen werden. Auf den sicheren Grundlagen internationaler Gemeinschaft wollen wir das schönste Denkmal, das wir den gefallenen Soldaten der Freiheit setzen können, errichten: Die Welt des freien Menschen. Wir wenden uns an die ganze Welt mit dem Ruf: Helft uns bei dieser Arbeit. Es lebe die internationale Solidarität! Es lebe die Freiheit!“